Testament durchgestrichen – wer trägt die Beweislast?

Wird ein Testament aufgefunden, in dem Teile durchgestrichen sind, wird oft infrage gestellt, ob die Durchstreichungen vom Erblasser stammen oder von jemand anderem.

Rechtlich ist zu unterscheiden:

Fall 1: Streichung schon bei der Errichtung des Testaments

Zunächst ist festzustellen, dass der Erblasser das Testament ursprünglich ohne die Streichung errichtet hat.

Denn in vielen Fällen ist denkbar, dass der Erblasser schon beim Verfassen des Testaments einen Teil durchstrich und es erst danach unterschrieb. Bei einem solchen Ablauf ist der gestrichene Teil nie wirksam gewesen.

Ob die Streichung durch den Erblasser oder durch jemand anderes erfolgt ist, ist in dieser Konstellation unerheblich. Wer einen Text unterschreibt, in dem Teile gestrichen sind, verschafft nur den ungestrichenen Teilen Wirksamkeit.

Die Beweislast dafür, dass der Text zunächst ungestrichen war, trägt derjenige, der sich darauf berufen will, dass der gestrichene Teil wirksam ist (OLG Köln, Beschl. v. 12.11. 2003 – 2 Wx 25/03, Rn. 18).

Fall 2: Streichung erst nachträglich

Steht fest, dass der Erblasser das Testament ursprünglich ohne die Streichung errichtet hat, kommt es darauf an, ob die spätere Streichung durch ihn erfolgt ist.

Die Beweislast dafür trägt derjenige, der sich darauf berufen will, dass der gestrichene Teil unwirksam ist.

Nur eine vom Erblasser selbst vorgenommene nachträgliche Streichung führt dazu, dass der gestrichene Teil widerrufen ist (§ 2255 BGB).

Bleibt offen, ob die Streichung durch den Erblasser oder durch jemand anderen erfolgt ist, ist der gestrichene Teil weiter als wirksam anzusehen. Denn nur der Erblasser persönlich kann sein Testament widerrufen.

Befand sich die veränderte Urkunde bis zuletzt im Gewahrsam des Erblassers und fehlen ernsthafte Anhaltspunkte dafür, dass die Veränderung durch einen Dritten vorgenommen wurde, sind die Anforderungen an den Beweis, dass der Erblasser die Urkunde verändert hat, „nicht allzu hoch“ anzusetzen (BayObLG, Beschl. v. 18.03.1996 – 1Z BR 67/95, Rn. 30).

Besser Widerrufstestament errichten

Da Streichungen oft zu Beweisproblemen und Streit führen, ist es besser, Regelungen in einem Testament, die nicht mehr gelten sollen, durch ein weiteres Testament zu widerrufen – ein sogenanntes Widerrufstestament (§ 2256 BGB).

Ein solches Widerrufstestament könnte z.B. wie folgt lauten:

„Testament

hiermit widerrufe ich die Regelung unter Ziffer 3 meines Testaments vom 15.07.2023, wonach meiner Nichte Lisa meine Perlenkette vermacht war. Dieses Vermächtnis soll ersatzlos entfallen.

Neuss, 07.02.2024, Unterschrift Erna Erblasserin“

Wie jedes Testament ist das Widerrufstestament nur wirksam, wenn es eigenhändig geschrieben und unterschrieben ist (§ 2247 BGB). Zudem sollten Ort und Datum angegeben werden.

Tipp: Testament hinterlegen

Zu empfehlen ist, Testamente beim Amtsgericht hinterlegen zu lassen (sogenannte besondere amtliche Verwahrung, § 2248 BGB). So sind sie vor Manipulation und Abhandenkommen geschützt. Zudem werden hinterlegte Testamente automatisch im Zentralen Testamentsregister registriert. So ist sichergestellt, dass sie im Erbfall eröffnet und bekanntgegeben werden. Hinterlegung und Registrierung kosten zusammen ca. 100 Euro.

Alternativ können Testamente notariell beurkundet werden. Notariell beurkundete Testamente werden in jedem Fall beim Amtsgericht hinterlegt und im Zentralen Testamentsregister registriert.

Nach oben scrollen