Pflichtteil einfordern

Tobias Goldkamp

Veröffentlicht am 23. August 2019 von Tobias Goldkamp

Themen: Erbfolge klären

Wer enterbt wird, dem steht Geld als Entschädigung zu.

Gesetzlicher Pflichtteil (BGB): Was ist der gesetzliche Pflichtteil?

Das in Deutschland geltende Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sieht den Pflichtteil vor. Der Pflichtteil ist eine Entschädigung in Geld dafür, dass man nicht Erbe geworden ist, obwohl man es bei gesetzlicher Erbfolge geworden wäre. Gesetzliche Erbfolge meint die Erbfolge, die eingetreten wäre, wenn es keine Verfügung von Todes wegen gegeben hätte, also kein Testament und kein Erbvertrag.

Wer ist pflichtteilsberechtigt?

Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge – also Kinder, Enkel, usw., die Eltern und der Ehegatte des Erblassers, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind, die Eltern jedoch nur, wenn kein gesetzlicher Erbe der ersten Ordnung vorhanden ist, der Enkel nur bei einem vorverstorebenen Kind (§ 2303 BGB).

Wer die Erbschaft ausschlägt, hat normalerweise keinen Pflichtteilsanspruch. Eine Ausnahme gilt für den Ehegatten bei Zugewinngemeinschaft aus § 1371 Abs. 3 BGB. Eine weitere Ausnahme gilt für alle Pflichtteilberechtigte, wenn sie durch das Testament oder den Erbvertrag beschränkt oder beschwert werden. Nach § 2306 Abs. 1 BGB kann ein zum Erben eingesetzter Pflichtteilberechtigter, der durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamtsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert ist, den Pflichtteil verlangen, wenn er den Erbteil ausschlägt. Dies gilt nach § 2306 Abs. 2 BGB auch, wenn der Pflichtteilsberechtigte als Nacherbe eingesetzt ist.

Wie hoch ist der Pflichtteil? Was ist der Pflichtteil für Kinder?

Enterben die Eltern ein Kind, steht dem Kind ein Pflichtteil in Höhe der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils zu. Eine Enterbung kann auch darin liegen, dass die Eltern sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, z.B. beim „Berliner Testament“. Normalerweise sind die Eltern im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet. Dann wäre das Kind nach gesetzlichem Erbteil – also wenn es kein Testament und keinen Erbvertrag gäbe – zur Hälfte der Erbschaft berufen. Damit beträgt sein Pflichtteil 1/4 des Wertes, den der Nachlass zum Zeitpunkt des Versterbens des Elternteils hat (§ 2311 BGB). Sind zwei Kinder vorhanden, wären sie nach der gesetzlichen Erbfolge zu je 1/4 Anteil berufen. Jedem Kind steht dann ein Pflichtteil in Höhe von 1/8 des Wertes des Nachlasses des Erblassers zu.

Dem Kind steht ein Pflichtteil sowohl im ersten als auch im zweiten Erbfall zu. Erster Erbfall ist der Fall, dass der erste der Ehegatten verstirbt. Zweiter Erbfall ist der Fall, dass der zweite der Ehegatten verstirbt. Im zweiten Erbfall kommt es in der Regel zu einer höheren Pflichtteilsquote. Außerdem fällt der dann noch vorhandene Nachlass des zuerst Verstorbenen in den Nachlass des zuletzt Versterbenden. Daher ist der Pflichtteil im zweiten Erbfall oft höher als im ersten Erbfall.

Ist die Ehe kinderlos, steht den Eltern des verstorbenen Ehegattens nach § 2303 Abs. 2 BGB der Pflichtteil zu, nicht jedoch deren Abkömmlingen, also den Geschwistern des Verstorbenen. Da der überlebende Ehegatte neben den Eltern des Erblassers gesetzlich zu 3/4 Anteil berufen ist, beträgt der Pflichtteil 1/8 des Nachlasses (bei Gütertrennung 1/4).

Hat der Verstorbene seinen Ehegatten enterbt und sind die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet, kann der enterbte Ehegatte neben einem „kleinen“ Pflichtteil von 1/8 Ausgleich des Zugewinns wie im Fall der Scheidung der Ehe verlangen (§ 1371 Abs. 2 BGB).

Tobias Goldkamp

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131-718190

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