Unzuverlässiger Erbe – wie kommt der Pflichtteilsberechtigte noch an Informationen?

Tobias Goldkamp

Veröffentlicht am 3. April 2018 von Tobias Goldkamp

Themen: Erbfolge klären

Dem Pflichtteilsberechtigten stehen verschiedene Auskunftsansprüche gegen den Erben zu. Doch welche alternativen Informationsquellen gibt es, wenn auf den Erben kein Verlass ist?

  • Der Pflichtteilsberechtigte kann selbst den Nachlass besichtigen, indem er verlangt, bei der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses hinzu gezogen zu werden (§ 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB).
  • Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass ein Notar den Nachlass ermittelt und aufnimmt (§ 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB). Der Notar darf sich dabei nicht allein auf die Angaben des Erben verlassen, sondern muss das Verzeichnis in eigener Verantwortung ermitteln und beurkunden.
  • Der Pflichtteilsberechtigte kann vom Erben verlangen, Belege zu den Nachlasspositionen vorgelegt zu bekommen. Ob ein Anspruch auf Belegvorlage besteht, woraus er sich ergibt und wie weit er reicht, ist umstritten. Ein solcher Anspruch soll sich jedenfalls dann aus § 2314 BGB ergeben, wenn der Wert eines Nachlassbestandteils nur bei Einsicht in die Unterlagen einzuschätzen ist (OLG Koblenz, Beschluss vom 22.09.2011 – 10 U 409/11, juris Rn. 4; OLG Hamm, Urteil vom 31.01.2012 – 10 U 91/11, juris Rn. 24). Gehört zum Nachlass ein Unternehmen oder eine Unternehmensbeteiligung, kann der Pflichtteilsberechtigte Einsicht in die Bilanzen, die Gewinn- und Verlustrechnungen sowie die einschlägigen Belege und Geschäftsbücher verlangen (BGH, Urteil vom 02.11.1960 – V ZR 124/59, juris Rn. 19; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.05.1996 – 7 U 126/95; OLG Köln, Urteil vom 04.03.1998 – 13 U 152/97). Das OLG Zweibrücken sieht einen Belegvorlageanspruch bei einem komplexen und unübersichtlichen Nachlass, bei wirtschaftlich verschachteltem Vermögen (Urteil vom 17.09.1986 – 2 U 58/81). Das AG Rotenburg (Fulda) erkennt einen umfassenden Belegvorlageanspruch aus § 810 BGB (Urteil vom 07.04.2009 – 2 C 490/08 (70), juris).
  • Der Pflichtteilsberechtigte kann Akteneinsicht beim Nachlassgericht nehmen und den Wertermittlungsbogen einsehen, den das Nachlassgericht vom Erben ausfüllen lässt. Er hat dazu ein berechtigtes Interesse (BayObLG, Beschluss vom 04.01.1995 – 1Z BR 167/94; OLG Jena, Beschluss vom 09.08.2011 – 6 W 206/11; OLG Hamm, Beschluss vom 26.08.2016 – I-15 W 73/16).
  • Nach Ansicht des LG Mainz darf der Pflichtteilsberechtigte Akteneinsicht in die Betreuungsakte nehmen.
  • Der Pflichtteilsberechtigte darf zudem das Grundbuch und die Grundakte einsehen. So kann er bei vermeintlichen Grundstücksverkäufen prüfen, ob der Veräußerung ein adäquater Gegenwert gegenüber stand oder es sich um eine gemischte Schenkung handelt. Bei Schenkungen kann er prüfen, ob Vorbehalte vereinbart waren, durch die die zehnjährige Abschmelzfrist nicht zu laufen begann. Deshalb ist es bei bedeutenden Schenkungen empfehlenswert, den Übertragungsvertrag beim Grundbuchamt auch dann in Kopie anzufordern, wenn die Schenkung schon lange zurück liegt.
  • Informationen über im Nachlass befindliche oder verschenkte Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen sind über das Handelsregister oder über den Bundesanzeiger, wo Jahresabschlüsse kostenlos abrufbar sind, erhältlich.
Tobias Goldkamp

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131-718190

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