Pflichtteilsberechtigter kann Grundbucheinsicht nehmen

Dem Pflichtteilsberechtigten steht Einsicht in das Grundbuch zu, wenn der Erblasser Eigentümer des betreffenden Grundstücks war. Dies bekräftigte das OLG Zweibrücken mit Beschluss vom 12.08.2020 – 3 W 121/19.

Zur Begründung verweist das OLG auf die einschlägige Rechtsprechung und Literatur, in der ein berechtigtes Interesse des Pflichtteilsberechtigten an der Grundbucheinsicht bejaht wird:

„Ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in das Grundbuch i.S.v. § 12 Abs. 1 GBO, und zwar auch in Form der Erteilung von Abschriften (§ 12 Abs. 2 GBO), ist gegeben, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers vorliegt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013, Az.: V ZB 120/13, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 21; OLG München, Beschluss vom 14. Juni 2018, Az.: 34 Wx 188/18, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 11; OLG Oldenburg, Beschluss vom 30. September 2013, Az.: 12 W 261/13, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 2; Böttcher, in: Meikel, GBO, 11. Aufl. 2015, § 12 GBO, Rdnr. 6 u. 77). Ein solches Interesse wirtschaftlicher Art ist für den Pflichtteilsberechtigten, der nach Eintritt des Erbfalls erbrechtliche Ansprüche prüfen möchte, im Regelfall anerkannt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. September 2015, Az.: 3 Wx 149/15, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 15; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5. September 2013, Az.: 11 Wx 57/13, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 10 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. Februar 2011, Az.: 20 W 72/11, dort Rdnr. 15; OLG München, Beschluss vom 13. Januar 2011, Az.: 34 Wx 132/10, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 12; KG Berlin, Beschluss vom 20. Januar 2004, Az.: 1 W 294/03, zitiert nach Juris; Wilsch, in: BeckOK GBO, 39. Ed. 1. Jun. 2020, § 12 GBO, Rdnr. 72a; Demharter, Grundbuchordnung, 31. Aufl. 2018, § 12 GBO, Rdnr. 12). Davon geht auch der Senat aus.“

Im Fall des OLG Zweibrücken wollte das Amtsgericht die Grundbucheinsicht verweigern, weil eine Pflichtteilsentziehung vorlag. Diese war jedoch unwirksam:

„Zur Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung ist neben der Entziehungserklärung auch die Angabe eines (zutreffenden) Kernsachverhalts erforderlich, § 2336 Abs. 2 BGB. Dabei geht es nicht darum, dass der Erblasser zum Ausdruck bringt, unter welchen der im Gesetz angeführten Entziehungstatbestände er seinen Entziehungsgrund einordnet; sondern es kommt auf eine (gewisse) Konkretisierung des Grundes oder der Gründe an, auf die er die Entziehung stützen will. Eine derartige konkrete Begründung in dem Testament, die nicht in die Einzelheiten zu gehen braucht, ist schon deshalb unverzichtbar, weil die Entziehung anderenfalls im Einzelfall am Ende auf solche Vorwürfe gestützt werden könnte, die für den Erblasser nicht bestimmend waren, sondern erst nachträglich vom Erben erhoben und vom Richter für begründet erklärt werden (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1985, Az.: IVa ZR 136/83, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 19; Saarl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 12. Dezember 2017, Az.: 5 W 53/17, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 29). Es ist eher fernliegend, dass der Inhalt des Testaments der Erblasserin dem gerecht werden würde. Trotz des erfolgten Hinweises des Notars auf die Beweispflicht des Erben bleibt es hinsichtlich Anzahl, Ausmaß und konkreter Hergänge bereits unklar, was die Erblasserin mit den genannten mehrfachen tätlichen Angriffen gemeint haben mag. Eine konkrete Zeitangabe oder die Benennung eines Zeitraums, in dem sich die Vorgänge abgespielt haben sollen, fehlt. In welchem Zusammenhang die benannten Zeugen zu den angegebenen Geschehnissen stehen sollen und welche greifbaren Angaben sie aus eignen Wahrnehmungen machen könnten, ist dem Testament nicht zu entnehmen. Soweit einer der benannten Zeugen als „Nachbar“ bezeichnet wurde, lässt sich daraus nichts hinreichend Konkretes ableiten. Die Bezugnahme auf einen ehrlosen und unsittlichen Lebenswandel erschöpft sich im Wesentlichen in der Benennung der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Norm und einer Wiedergabe des Gesetzestextes. Die formgerechte Angabe eines Entziehungsgrundes lässt sich aus alledem nicht ableiten.“

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