Vorsicht beim Kauf aufgrund eröffneter notarieller Verfügung von Todes wegen

Kann der Erbe sein Erbrecht durch eine eröffnete notarielle Verfügung von Todes wegen nachweisen, benötigt er keinen Erbschein (§ 35 GBO). Entsprechendes gilt für einen Testamentsvollstrecker, der seine Verfügungsbefugnis durch eröffnete Verfügung von Todes wegen nachweisen kann.

Soll aufgrund einer eröffneten notariellen Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) eine Immobilie aus dem Nachlass verkauft werden, ist Vorsicht geboten: Ergeben sich Zweifel an der Auslegung oder Wirksamkeit der eröffneten Verfügung von Todes wegen, kann das Grundbuchamt den Vollzug des Kaufvertrags verweigern, auch wenn der Käufer schon den Kaufpreis gezahlt hat.

Fall:

In einem am 19.10.2023 vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte die Erblasserin in einem notariellen Testament einen Testamentsvollstrecker ernannt und drei Erbinnen eingesetzt (Az. V ZB 8/23).

Zum Nachlass gehörte eine Immobilie. In das Grundbuch wurden anstelle der Erblasserin die Erbinnen als Eigentümerinnen eingetragen. Zudem wurde ein Vermerk eingetragen, dass die Testamentsvollstreckung angeordnet ist (sogenannter Testamentsvollstreckervermerk, § 52 GBO).

Der Testamentsvollstrecker verkaufte die Immobilie. Für den Käufer wurde eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen.

Nachdem der Käufer den Kaufpreis gezahlt hatte, übermittelte der Notar dem Grundbuchamt den Antrag, den Käufer anstelle der Erbinnen als Eigentümer einzutragen.

In der Zwischenzeit hatten jedoch Verwandte der Erblasserin beim Nachlassgericht beantragt, einen sie als Erben ausweisenden Erbschein zu erteilen. Zur Begründung erklärten sie, die Erblasserin sei bei der Errichtung des Testaments testierunfähig gewesen (§ 2229 Abs. 4 BGB). Das Nachlassgericht benachrichtigte das Grundbuchamt darüber.

Das Grundbuchamt verlangte daraufhin, dass ein Testamentsvollstreckerzeugnis vorgelegt wird, d.h. eine vom Nachlassgericht wie ein Erbschein ausgestellte Bescheinigung, aus der sich die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers ergibt (§ 2368 BGB).

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Grundbuchamts.

Dies bedeutet, dass sich im besten Fall die Abwicklung für den Käufer verzögert, im schlechten Fall er jedoch kein Eigentum an der Immobilie erwerben kann und zusehen muss, wie er sein Geld wiederbekommt.

Hintergründe:

  • Die Auflassungsvormerkung schützt den Anspruch auf dinglichen Rechtsübergang vor Einwirkungen (§ 883 BGB), vermag jedoch nicht einen fehlenden Anspruch herzustellen oder einen Erwerb von einem Nichtberechtigten zu ermöglichen (vgl. § 886 BGB).
  • Der gute Glaube an die Wirksamkeit und die Auslegung der eröffneten Verfügung von Todes wegen ist nicht geschützt.
  • Geschützt wäre der gute Glaube an den Inhalt des Grundbuchs (§ 892 BGB). Doch im Grundbuch ist der Testamentsvollstrecker, der den Kaufvertrag abschloss, nicht eingetragen.
  • Der Testamentsvollstreckervermerk bescheinigt nicht die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers, sondern verlautbart lediglich die Beschränkung der Verfügungsbefugnis der Erben.
  • Geschützt wäre der gute Glaube an die durch ein Testamentsvollstreckerzeugnis ausgewiesene Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers (§§ 2366, 2368 S. 2 Hs. 1 BGB). Doch ein solches Zeugnis lag hier nicht vor.

Tipps:

  • Auch wenn ein Testamentsvollstreckerzeugnis entbehrlich ist, kann es sinnvoll sein, ein solches zu verlangen, um Gutglaubensschutz in die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers zu erhalten.
  • In Fällen ohne Testamentsvollstreckung kann es sinnvoll sein, zunächst mit der eröffneten notariellen Verfügung von Todes wegen das Grundbuch berichtigen zu lassen, d.h. den Erben als Eigentümer anstelle des Erblassers eintragen zu lassen. Anschließend ist ein Kauf vom Erben möglich, bei dem der gute Glaube in seine Verfügungsbefugnis aufgrund seiner Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch geschützt ist.
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