Wie läuft ein Klageverfahren ab?

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 2. Oktober 2024 von Tobias Goldkamp

Ein Zivilprozess kann komplex und langwierig sein. Umso wichtiger ist es, den Ablauf eines Klageverfahrens zu kennen und sich entsprechend vorzubereiten – unabhängig davon, ob Sie als Kläger oder Beklagter am Verfahren beteiligt sind. In diesem Artikel erklären wir Ihnen die wesentlichen Schritte eines typischen Klageverfahrens und was dabei zu beachten ist.

1. Klageeinreichung

Der Zivilprozess beginnt mit der Einreichung der Klage beim zuständigen Gericht. In der Klageschrift wird durch den Antrag definiert, worüber das Gericht entscheiden soll. Als Kläger müssen Sie den Sachverhalt und Ihre Ansprüche nachvollziehbar und vollständig darlegen.

Sollten Sie als Beklagter am Verfahren beteiligt sein, wird Ihnen die Klageschrift zugestellt, sobald die Gerichtsgebühren vom Kläger beglichen wurden. Es ist ratsam, die Klageschrift sorgfältig zu prüfen und unverzüglich anwaltlichen Rat einzuholen, um die bestmögliche Verteidigungsstrategie zu entwickeln.

2. Gerichtsgebühren und Zustellung

Nach Eingang der Klage fordert das Gericht die Gerichtsgebühren vom Kläger an. Diese Gebühren müssen umgehend bezahlt werden, da das Gericht erst nach Zahlungseingang die Klage der Beklagtenseite zustellt. Wichtig zu wissen: Eine fristwahrende Wirkung der Klageeinreichung tritt nur ein, sofern sie zeitnah an die Beklagtenseite zugestellt wird.

3. Klageerwiderung

Mit Zustellung der Klage setzt das Gericht der Beklagtenseite eine Frist zur Verteidigungsanzeige und zur Klageerwiderung.

Durch die Verteidigungsanzeige erklärt der Beklagte lediglich, den Prozess aufnehmen zu wollen. Unterbleibt die fristgemäße Verteidigungsanzeige, wird das Gericht den Beklagten in der Regel durch ein Versäumnisurteil entsprechend des Antrags aus der Klageschrift verurteilen.

Als Beklagter haben Sie die Möglichkeit, auf die Klage zu erwidern, indem Sie die Ansprüche des Klägers ganz oder teilweise anerkennen oder Klageabweisung beantragen. Sollten Sie den Angaben des Klägers nicht widersprechen, kann das Gericht diese als unstreitig ansehen, was bedeutet, dass darüber keine Beweise erhoben werden müssen.

4. Stellungnahme (Replik)

Nach Eingang der Klageerwiderung wird diese der Klägerseite zur Stellungnahme (Replik) übermittelt. Als Kläger haben Sie nun die Möglichkeit, auf die Einwände der Beklagtenseite zu reagieren, den Sachverhalt zu ergänzen oder zusätzliche Beweise vorzulegen.

5. Weitere Schriftsätze

Vor der mündlichen Verhandlung kann es zum Austausch weiterer Schriftsätze kommen. Diese dienen der Vorbereitung der Verhandlung und der Klärung aller relevanten Sachverhalte. Sowohl Kläger als auch Beklagte sollten in dieser Phase alle entscheidenden Tatsachen und Beweise vollständig vorbringen, da das Gericht im Zivilprozess nicht von sich aus ermittelt.

6. Verhandlungstermin

Das Gericht setzt einen Termin für die mündliche Verhandlung an, zu dem alle Parteien geladen werden. In der mündlichen Verhandlung haben beide Seiten die Gelegenheit, ihre Anträge zu stellen und ihre Argumente vorzutragen. Als Beklagter können Sie die Abweisung der Klage beantragen, während der Kläger seine ursprünglichen Anträge stellt. In vielen Fällen wird das Gericht anordnen, dass die Parteien persönlich erscheinen, um Fragen des Gerichts zu beantworten oder über einen Vergleich zu verhandeln. Ein Vergleich kann oft eine schnelle und sichere Lösung bieten, um den Rechtsstreit zu beenden.

7. Beweisaufnahme

Ist die Beweisaufnahme erforderlich, erhebt das Gericht Beweise wie Zeugenaussagen oder Sachverständigengutachten. Dies kann für beide Parteien von entscheidender Bedeutung sein, um ihre Ansprüche oder Verteidigungen zu stützen.

8. Schriftsatznachlass

Nach einem Verhandlungstermin kann es vorkommen, dass eine Partei eine Frist für einen Schriftsatznachlass beantragt und vom Gericht gewährt bekommt. Dies ermöglicht es, auf neue Aspekte zu reagieren, die während der Verhandlung aufgetreten sind.

9. Urteil

Nach Abschluss der Verhandlung legt das Gericht einen Termin zur Urteilsverkündung fest. Das Urteil enthält die Begründung des Gerichts. Hierbei erläutert das Gericht, auf welche Rechtsnormen und Beweise es seine Entscheidung stützt. Beide Parteien, sowohl Kläger als auch Beklagte, sollten das Urteil sorgfältig prüfen und überlegen, ob sie Rechtsmittel einlegen möchten.

10. Kostenfestsetzungsverfahren

Im Urteil entscheidet das Gericht auch über die Verteilung der Kosten des Verfahrens. Diese werden im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren genau berechnet. In der Regel trägt die unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Anwaltskosten der Gegenseite. Dies gilt sowohl für Kläger als auch für Beklagte, je nachdem, wie der Rechtsstreit ausgeht.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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