Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in einem aktuellen Beschluss über die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde im Zusammenhang mit einem abgeschlossenen Erbscheinsverfahren entschieden. Der Beschluss vom 13. Juli 2024, Az. 1 BvR 1929/23, befasst sich insbesondere mit den Anforderungen an die Darlegung der Subsidiarität und den prozessualen Möglichkeiten zur Korrektur von Grundrechtsverletzungen durch die Fachgerichte.
1. Hintergrund des Falls
Der Beschwerdeführer wandte sich gegen mehrere gerichtliche Entscheidungen, die im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens ergangen waren. Nachdem seine Beschwerden vor den Fachgerichten ohne Erfolg geblieben waren, erhob er Verfassungsbeschwerde und rügte eine Verletzung seiner Grundrechte. Dabei stellte sich die Frage, ob der Beschwerdeführer alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausgeschöpft hatte, bevor er das Bundesverfassungsgericht anrief.
2. Kernaussagen des Beschlusses
a) Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde
Das BVerfG betonte in seinem Beschluss, dass eine Verfassungsbeschwerde nur dann zulässig ist, wenn der Beschwerdeführer alle prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um eine Korrektur der behaupteten Grundrechtsverletzung durch die Fachgerichte zu erreichen. In diesem Fall hatte der Beschwerdeführer keine Erbenfeststellungsklage erhoben, obwohl diese eine geeignete Möglichkeit gewesen wäre, sein Anliegen vor den Fachgerichten weiterzuverfolgen.
b) Vorrang der Erbenfeststellungsklage
Das Gericht stellte klar, dass ein Erbprätendent neben dem Erbscheinsverfahren auch eine Erbenfeststellungsklage erheben kann, um seine Erbenstellung feststellen zu lassen. Diese Klage hat Vorrang, selbst wenn der Beschwerdeführer Verfahrensfehler im Erbscheinsverfahren rügt. Das BVerfG hob hervor, dass der Beschwerdeführer durch die Erbenfeststellungsklage seine Grundrechtsverletzung hätte korrigieren lassen können.
3. Konsequenzen für die Praxis
a) Bedeutung der Rechtswegerschöpfung
Die Entscheidung des BVerfG zeigt, wie wichtig es ist, alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel vor der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde auszuschöpfen. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen alternative Klagemöglichkeiten wie die Erbenfeststellungsklage bestehen.
b) Rechtzeitige Prüfung prozessualer Optionen
Rechtsanwälte sollten ihre Mandanten frühzeitig über die Bedeutung der Subsidiarität im Verfassungsbeschwerdeverfahren aufklären und sicherstellen, dass alle relevanten prozessualen Optionen geprüft und gegebenenfalls ergriffen werden, bevor eine Verfassungsbeschwerde in Betracht gezogen wird.
Fazit
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Juli 2024 (Az. 1 BvR 1929/23) unterstreicht die Notwendigkeit, vor der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde alle prozessualen Möglichkeiten auszuschöpfen. Die Entscheidung verdeutlicht, dass insbesondere in Erbschaftsangelegenheiten alternative Rechtswege wie die Erbenfeststellungsklage in Betracht gezogen werden müssen, um eine mögliche Grundrechtsverletzung zu korrigieren.
Das Bundesverfassungsgericht bleibt damit bei seiner schon in früheren Beschlüssen angegebenen Linie (29. August 2005, Az. 1 BvR 219/05; 23. November 2016, 1 BvR 2555/16; 30. Januar 2020, Az. 1 BvR 2635/19; 25. Mai 2020, 1 BvR 1060/20).