Erbschaftsteuer: Wie läuft das Besteuerungsverfahren im Erbfall ab?

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 6. November 2024 von Tobias Goldkamp

Das Besteuerungsverfahren im Erbfall ist ein wichtiger Prozess, der sicherstellt, dass alle erbschaftssteuerpflichtigen Vermögensübertragungen korrekt erfasst und versteuert werden. Nach dem Tod einer Person müssen die Erben mehrere Schritte durchlaufen, um den Nachlass und die entsprechenden Steuerschulden korrekt zu ermitteln. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über den Ablauf und die wichtigsten Punkte des Besteuerungsverfahrens im Erbfall.

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1. Anzeige- und Erklärungspflichten

a) Anzeige des Erwerbs

Nach § 30 ErbStG sind die Erben verpflichtet, dem zuständigen Finanzamt innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis des Erbfalls den Erwerb anzuzeigen. Die Anzeige dient dazu, das Finanzamt über den Erwerb in Kenntnis zu setzen und das Besteuerungsverfahren einzuleiten. Es genügt, wenn das Finanzamt in die Lage versetzt wird, den steuerbaren Vorgang zu prüfen.

Ausgenommen von der Anzeigepflicht sind Erbfälle, die auf einer durch ein deutsches Gericht eröffneten Verfügung von Todes wegen beruhen, sofern alle relevanten Informationen darin enthalten sind.

b) Erbschaftsteuererklärung

Neben der Anzeige des Erwerbs kann das Finanzamt die Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung verlangen. Hierzu wird das Finanzamt in der Regel die Erben oder den Testamentsvollstrecker auffordern. Die Steuererklärungspflicht besteht nicht automatisch, sondern wird durch das Finanzamt bestimmt. In dieser Erklärung müssen die Erben den gesamten Nachlass detailliert darlegen, einschließlich aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Erblassers.

2. Bewertung des Nachlasses

a) Bedarfsbewertung von Vermögenswerten

Eine zentrale Aufgabe im Besteuerungsverfahren ist die Bewertung der Vermögenswerte im Nachlass. Hierfür kommen verschiedene Bewertungsmethoden zum Einsatz, je nach Art des Vermögenswertes. Immobilien werden beispielsweise nach dem Ertragswert- oder Sachwertverfahren bewertet. Für nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften gilt das Ertragswertverfahren.

Das Bewertungsgesetz (BewG) legt fest, wie bestimmte Vermögensgegenstände für die Erbschaftsteuer bewertet werden. Das Finanzamt erstellt auf Basis dieser Vorgaben einen Feststellungsbescheid, der als Grundlage für die spätere Steuerfestsetzung dient.

3. Ermittlung und Festsetzung der Erbschaftsteuer

Das Finanzamt berechnet die Erbschaftsteuer auf Basis des Verkehrswertes des Nachlasses, unter Berücksichtigung von Freibeträgen, die für bestimmte Personengruppen gelten. Diese Freibeträge sind im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) geregelt und hängen vom Verwandtschaftsgrad des Erben zum Erblasser ab.

Nach der Bewertung des Nachlasses erlässt das Finanzamt einen Steuerbescheid, der die Erbschaftsteuer festsetzt. Die Erbschaftsteuer wird in der Regel innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids fällig.

4. Verjährungsfristen

Im Steuerrecht spielt die Festsetzungsverjährung eine entscheidende Rolle. Diese beträgt bei der Erbschaftsteuer in der Regel vier Jahre, beginnt jedoch erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Erbe Kenntnis vom Erwerb erlangt hat. Diese Frist kann durch bestimmte Ereignisse, wie etwa das Einlegen eines Einspruchs oder das Beantragen einer Änderung, verlängert werden.

5. Testamentsvollstrecker und ihre Pflichten

Der Testamentsvollstrecker hat eine besondere Rolle im Besteuerungsverfahren. Er ist verpflichtet, die Erbschaftsteuererklärung für die Erben abzugeben und die Steuerzahlungen aus dem Nachlass zu leisten. Das Finanzamt richtet sich häufig direkt an den Testamentsvollstrecker, um das Verfahren zu beschleunigen und sicherzustellen, dass alle Steuerschulden beglichen werden.

Fazit

Das Besteuerungsverfahren im Erbfall ist komplex und umfasst mehrere Schritte von der Anzeige des Erwerbs bis hin zur Bewertung des Nachlasses und der Festsetzung der Erbschaftsteuer. Um sicherzustellen, dass alle steuerlichen Verpflichtungen erfüllt werden, sollten Erben frühzeitig rechtliche Beratung in Anspruch nehmen und die notwendigen Fristen und Pflichten beachten.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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