Manchmal gehen Nachkommen vorschnell davon aus, enterbt zu sein. Wann ist eine Enterbung eigentlich wirksam?
Enterbung nur durch letztwillige Verfügung
Möglich ist eine Enterbung nur durch eine letztwillige Verfügung des Erblassers, also ein Testament oder ein Erbvertrag. Liegt keine anderslautende Verfügung vor, gilt gesetzliche Erbfolge.
Eine solche Verfügung kann der Erblasser nur persönlich errichten, sich also nicht vertreten lassen.
Testierfreiheit
Erster Prüfungspunkt ist, ob der Erblasser frei war, die Erbfolge zu regeln. Es gehört zu den Grundrechten, seine Erbfolge bestimmen zu dürfen. Ein Erblasser kann sich jedoch in diesem Recht, der Testierfreiheit, selbst beschränken.
Dies kann durch eine wechselbezügliche Verfügung geschehen (§ 2271 Abs. 2 BGB), d.h. eine Regelung, die mit dem Ehegatten gemeinsam in Vertrauen auf den Bestand dieser gemeinsamen Regelung getroffen wird.
Eine Bindung kann auch durch einen Erbvertrag eintreten (§ 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB), an dem der Erblasser beteiligt ist.
Deshalb ist wichtig, zu prüfen, ob Ehegattentestamente oder Erbverträge vorliegen. Im zweiten Schritt ist zu klären, ob dort getroffene Regelungen eine Bindungskraft entfalten. Das ist nämlich nicht selbstverständlich.
Echtheit
Wirksam ist eine letztwillige Verfügung nur, wenn sie echt ist. Sie muss also vom Erblasser selbst errichtet worden sein (§ 2247 Abs. 1 BGB). Fälschungen sind natürlich unwirksam.
Es kommt durchaus vor, dass Testamente gefälscht oder manipuliert werden. Die Spannbreite reicht von nachgeahmter Schrift und Unterschrift bis zur Ergänzung oder Streichung von Regelungen. Solche Fälschungen können durch Schriftsachverständigengutachten entlarvt werden.
Errichtungsfähigkeit
Der Erblasser muss Lesen und Schreiben können, sonst ist ein privates Testament unwirksam (§ 2247 Abs. 4 BGB).
Außerdem muss er testierfähig (§ 2229 Abs. 4 BGB) bzw. bei einem Erbvertrag geschäftsfähig (§ 2275 Abs. 1) sein. Diese Voraussetzung kann z.B. bei einer mittelgradigen Demenz entfallen. Auch die notarielle Beurkundung bietet keine Sicherheit über die Testierfähigkeit. Der Notar ist kein Psychiater und deshalb für die Feststellung der Testierfähigkeit kein Sachverständiger. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, die Auskunft eines Psychiaters einzuholen.
Formgültigkeit
Die letztwillige Verfügung muss entweder handschriftlich eigenhändig verfasst und unterschrieben oder notariell beurkundet sein.
Inhalt der letztwilligen Verfügung auslegen
Testamente und Erbverträge sind auszulegen. Nicht jede Regelung ist eine Erbeinsetzung. Wenn der Erblasser z.B. schreibt „Lisa soll mein Haus bekommen“, kann das auch ein Vermächtnis oder eine Teilungsanordnung sein und muss nicht bedeuten, dass andere Personen enterbt sind. Vor allem bei Testamenten, die nicht durch einen Notar formuliert sind, ist es wichtig, eine sorgfältige und kritische Auslegung vorzunehmen. Im Zweifel hilft ein Fachanwalt für Erbrecht.
Spätere letztwillige Verfügungen
Hat der Erblasser spätere Testamente oder Erbverträge errichtet, kann dadurch ein früheres Testament oder ein früherer Erbvertrag aufgehoben sein (§§ 2253 ff. BGB). Deshalb kommt es auch auf die zeitliche Reihenfolge an, in der letztwillige Verfügungen errichtet wurden.
Anfechtungsmöglichkeiten
In manchen Fällen besteht die Möglichkeit, eine letztwillige Verfügung anzufechten – etwa wegen Irrtums oder Drohung (§ 2078 BGB). Eine Anfechtung ist auch möglich, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, dessen Vorhandensein ihm bei der Errichtung der Verfügung noch nicht bekannt war (Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten, § 2079 BGB).
Pflichtteil
Ist die Enterbung wirksam, steht dem Enterbten der Pflichtteil zu, sofern er zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört.