BGH: Keine automatische Erstattung außergerichtlicher Kosten im Erbscheinsverfahren

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 12. März 2025 von Tobias Goldkamp

Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 29.01.2025 – IV ZB 2/24) hat entschieden, dass eine erstinstanzliche Kostenentscheidung im Erbscheinsverfahren, die nur besagt, dass ein Antrag „kostenpflichtig zurückgewiesen“ wird oder dass der Antragsteller die „Kosten des Verfahrens“ zu tragen hat, nicht automatisch die Erstattung der außergerichtlichen Kosten weiterer Beteiligter umfasst.

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Der Fall: Streit um Erbschein und Kostenerstattung

Im zugrunde liegenden Verfahren hatten die Beteiligten um die Erbfolge eines 1995 verstorbenen Erblassers gestritten. Der Beteiligte zu 1 hatte die Erteilung eines Alleinerbscheins beantragt, während der Beteiligte zu 2 anwaltlich vertreten entgegentrat.

Das Amtsgericht Mönchengladbach wies den Antrag des Beteiligten zu 1 zurück und entschied, dass dieser die Kosten des Verfahrens zu tragen habe.

Der Beteiligte zu 2 beantragte daraufhin die Erstattung seiner notwendigen Aufwendungen (u. a. Anwaltskosten) in Höhe von 4.142,99 €, was das Nachlassgericht zunächst bestätigte. Das OLG Düsseldorf hob jedoch diese Entscheidung auf und verneinte einen Erstattungsanspruch.

Der Beteiligte zu 2 legte daraufhin Rechtsbeschwerde zum BGH ein – ohne Erfolg.

Die Entscheidung des BGH: Keine automatische Kostenerstattung

Das Gericht stellte klar:

1. Eine Kostenentscheidung nach § 81 FamFG erfasst nicht zwingend außergerichtliche Kosten

📌 Grundsatz aus § 81 Abs. 1 FamFG:

  • Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen.
  • Eine bloße Formulierung wie „kostenpflichtige Zurückweisung“ betrifft nur die Gerichtskosten, nicht jedoch die außergerichtlichen Aufwendungen anderer Beteiligter.

📌 Das BGH stellte fest:

  • Die Entscheidung des Amtsgerichts enthielt keine ausdrückliche Anordnung zur Erstattung der Anwaltskosten des Beteiligten zu 2.
  • Ein solcher Erstattungsanspruch kann nur durch eine eindeutige gerichtliche Ermessensentscheidung entstehen.
  • Das OLG Düsseldorf habe daher zu Recht den Antrag auf Kostenerstattung abgelehnt.

Ergebnis: Ohne klare Anordnung im Kostenbeschluss besteht kein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten.

2. Kein Rückgriff auf § 80 FamFG zur Definition der Verfahrenskosten

📌 Uneinheitliche Auffassung in der Rechtsprechung:

  • Einige Gerichte vertreten die Ansicht, dass sich aus der Definition von „Kosten“ in § 80 FamFG auch die Erstattung außergerichtlicher Aufwendungen ableiten lässt.
  • Der BGH widersprach dieser Auffassung:
    • Gerichtskosten und außergerichtliche Aufwendungen sind getrennt zu betrachten.
    • Ohne ausdrückliche Ermessensentscheidung können keine zusätzlichen Kosten erstattet werden.

Ergebnis: Die bloße Kostenentscheidung umfasst nicht automatisch die Erstattung von Anwaltskosten anderer Beteiligter.

3. Bedeutung für die Praxis: Klare Kostenermessensentscheidungen erforderlich

Der BGH bestätigte, dass im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Kostenverteilung flexibel nach billigem Ermessen erfolgt und nicht starr wie in einem Zivilprozess nach § 91 ZPO.

Wer eine Erstattung außergerichtlicher Kosten möchte, muss darauf achten, dass das Gericht eine ausdrückliche Entscheidung hierzu trifft.
Eine pauschale „kostenpflichtige Zurückweisung“ eines Antrags reicht nicht aus, um Anwaltskosten anderer Beteiligter zu erstattet zu bekommen.
Die gerichtliche Praxis muss bei Kostenentscheidungen klarstellen, ob sich die Kostentragung auch auf außergerichtliche Kosten erstreckt.

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Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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