Erbausschlagung anfechten ist schwierig

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 29. August 2024 von Tobias Goldkamp

Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat in einem Beschluss vom 14. August 2024 (Az.: 8 W 102/23) entschieden, dass die Anfechtung einer Erbausschlagung nur dann wirksam ist, wenn der Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses tatsächlich kausal für die Ausschlagung war. Kausal bedeutet, es muss davon auszugehen sein, dass ohne den Irrtum die Erbschaftsausschlagung unterblieben wäre. Der Beschluss beleuchtet wichtige Aspekte der Erbausschlagung und der Möglichkeiten, diese später anzufechten.

Hintergrund des Falls

Die Erblasserin, die kein Testament hinterlassen hatte, verstarb im Jahr 2021. Nach ihrem Tod schlug eine ihrer Enkelinnen, die als potenzielle Erbin in Frage kam, das Erbe aus, weil sie von einer Überschuldung des Nachlasses ausging. Später stellte sich jedoch heraus, dass der Nachlass nicht überschuldet war, da ein Bankkonto existierte, das der Enkelin zuvor nicht bekannt war. Daraufhin versuchte die Enkelin, die Ausschlagung des Erbes wegen Irrtums anzufechten und beantragte einen Erbschein.

Entscheidung des OLG Zweibrücken

Das OLG Zweibrücken wies den Antrag der Enkelin zurück und bestätigte, dass ihre Anfechtung der Erbausschlagung unwirksam war. Das Gericht stellte fest, dass ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses nur dann zur Anfechtung berechtigt, wenn dieser Irrtum kausal für die Entscheidung zur Erbausschlagung war.

Im vorliegenden Fall nahm das Gericht an, dass die Enkelin die Erbschaft auch dann ausgeschlagen hätte, wenn sie von dem existierenden Bankguthaben gewusst hätte, da sie nach wie vor von einer Überschuldung des Nachlasses ausgegangen wäre. Somit war der Irrtum über das Bankkonto nicht kausal für die Ausschlagung.

Rechtliche Bedeutung

Die Entscheidung des OLG Zweibrücken unterstreicht die hohen Anforderungen an die Anfechtung einer Erbausschlagung. Ein Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses muss nicht nur vorliegen, sondern auch ursächlich für die Ausschlagung sein. Andernfalls bleibt die Ausschlagung wirksam und die Anfechtung hat keinen Erfolg.

Für Erben bedeutet dies, dass sie bei der Entscheidung über eine Erbausschlagung sorgfältig prüfen müssen, ob alle relevanten Informationen über den Nachlass vorliegen. Im Zweifelsfall sollten sie rechtlichen Rat einholen, bevor sie eine bindende Entscheidung treffen.

Besondere Sorgfalt ist auch erforderlich, wenn die Ausschlagungserklärung und eine spätere Anfechtungserklärung formuliert werden. Unbedachte Formulierungen können dazu führen, dass ein kausaler Irrtum nicht mehr bewiesen werden kann. Wir empfehlen deshalb, solche Erklärungen eher von einer Notarin oder einem Notar als von der Geschäftsstelle eines Gerichts aufnehmen zu lassen.

Fazit

Die Anfechtung einer Erbausschlagung wegen Irrtums ist an strenge Voraussetzungen geknüpft. Erben sollten sich dieser Anforderungen bewusst sein und sicherstellen, dass sie alle wesentlichen Informationen über den Nachlass kennen, bevor sie eine Erbausschlagung erklären. Unsere Kanzlei unterstützt Sie gerne bei Fragen rund um die Erbausschlagung und deren Anfechtung.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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