Erbschaftsteuer einer Miterbin: Versteigerungskosten und Lagerkosten sind abzugsfähig

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 14. Februar 2025 von Tobias Goldkamp

Die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft kann erhebliche Kosten verursachen. Doch welche dieser Aufwendungen sind erbschaftsteuerlich als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar? Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 21. August 2024 (Az.: II R 43/22) klargestellt, dass auch Kosten für die Versteigerung von Nachlassgegenständen sowie Lagerkosten bis zur Verwertung abzugsfähig sein können – ein wichtiges Urteil für Erben und Testamentsvollstrecker.

Der Fall

Eine Erblasserin hatte in ihrem Testament festgelegt, dass bestimmte Geldbeträge an einzelne Erben ausgezahlt werden sollten. Da der Nachlass größtenteils aus wertvollen Kunstgegenständen bestand, mussten diese zunächst verkauft werden, um die testamentarisch festgelegten Geldbeträge zu erzielen.

Der Testamentsvollstrecker beauftragte eine Kunstexpertin mit der Bewertung und Veräußerung der Nachlassgegenstände. Zudem wurden die Gegenstände für die Zeit bis zur Versteigerung eingelagert. Die dafür angefallenen Lagerkosten und das Honorar der Kunstexpertin machte die Erbengemeinschaft in der Erbschaftsteuererklärung als Nachlassverbindlichkeiten geltend.

Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung dieser Kosten ab, da es sich um Verwaltungskosten und nicht um Kosten der Nachlassregelung handele. Nach einer teilweise erfolgreichen Klage vor dem Finanzgericht Köln legte die Erbin Revision beim BFH ein.

Entscheidung des BFH

Der BFH gab der Erbin Recht und entschied, dass sowohl die Kosten für die Versteigerung der Nachlassgegenstände als auch die Lagerkosten bis zur Verwertung abzugsfähig sind. Die wesentlichen Erwägungen:

  1. Nachlassregelungskosten sind abzugsfähig
    • Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind Kosten der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar.
    • Dazu gehören auch Aufwendungen, die notwendig sind, um die testamentarisch vorgesehenen Geldbeträge für die Erben durch Veräußerung der Nachlassgegenstände zu erzielen.
  2. Abgrenzung zwischen Nachlassregelungskosten und Nachlassverwaltungskosten
    • Nachlassregelungskosten müssen in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Tod des Erblassers stehen.
    • Verwaltungskosten sind dagegen Aufwendungen, die für den Erhalt oder die Nutzung des Nachlasses anfallen – etwa regelmäßige Lagerkosten, die sich über Jahre erstrecken.
    • Da die Lagerkosten im vorliegenden Fall nur bis zur Versteigerung angefallen waren, dienten sie der Verteilung des Nachlasses und waren daher abzugsfähig.
  3. Kosten für Sachverständige sind notwendig für die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft
    • Der BFH stellte klar, dass die Kosten für eine Kunstexpertin, die mit der Bewertung und Veräußerung von Nachlassgegenständen beauftragt wurde, abzugsfähig sind.
    • Die Beauftragung eines Sachverständigen kann erforderlich sein, um den Nachlass im Sinne der Erben zu verwerten und die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu ermöglichen.
  4. Der Erblasserwille entscheidet
    • Im vorliegenden Fall war die Veräußerung der Nachlassgegenstände notwendig, um die testamentarischen Anordnungen umzusetzen.
    • Da die Erblasserin eine Verteilung in Geld vorgesehen hatte, gehörten auch die damit verbundenen Kosten zur Nachlassregelung.

Bedeutung der Entscheidung

Das Urteil des BFH stärkt die Rechte von Erben und Erbengemeinschaften und bringt Klarheit in die steuerliche Behandlung von Nachlassregelungskosten. Insbesondere die Abgrenzung zwischen Regelungskosten und Verwaltungskosten ist praxisrelevant.

  • Was abzugsfähig ist:
    • Kosten für die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft
    • Kosten für die notwendige Versteigerung von Nachlassgegenständen
    • Kosten für eine Sachverständigenbewertung der Nachlassgegenstände
    • Lagerkosten bis zur Verwertung
  • Was nicht abzugsfähig ist:
    • Langfristige Verwaltungskosten, etwa dauerhafte Lagergebühren
    • Kosten, die unabhängig vom Erbfall angefallen wären

Fazit

Die Entscheidung des BFH zeigt, dass die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft steuerlich begünstigt sein kann, wenn die Kosten im engen Zusammenhang mit der Verteilung des Nachlasses stehen. Wer sich mit Fragen zur Nachlassregelung oder zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Kosten konfrontiert sieht, sollte sich frühzeitig beraten lassen.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie bei allen Fragen der Nachlassabwicklung. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung!

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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