Erbschaftsteuer sparen durch taktische Ausschlagung

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 26. Oktober 2024 von Tobias Goldkamp

Die Ausschlagung einer Erbschaft ist ein mächtiges Instrument im Erbrecht, das nicht nur dazu dient, unliebsame Nachlässe abzulehnen, sondern auch gezielt zur Steueroptimierung eingesetzt werden kann. Durch eine taktische Ausschlagung können Erben die Erbschaftsteuerlast erheblich reduzieren oder sogar ganz vermeiden. Dieser Beitrag erklärt, wie die taktische Ausschlagung funktioniert und in welchen typischen Situationen sie besonders sinnvoll ist.

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp ist Fachanwalt für Erbrecht

1. Was ist eine taktische Ausschlagung?

Die Ausschlagung einer Erbschaft bedeutet, dass ein Erbe seinen Anspruch auf das Erbe ablehnt. Diese Entscheidung führt dazu, dass der Nachlass auf den nächsten Erben in der gesetzlichen Erbfolge oder gemäß den Bestimmungen eines Testaments übergeht. Eine taktische Ausschlagung verfolgt das Ziel, die steuerlichen Nachteile einer Erbschaft zu vermeiden oder zu minimieren.

a) Ausschlagungsfrist

Die Ausschlagung muss innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalls erklärt werden (§ 1944 BGB). In Fällen mit Auslandsbezug verlängert sich diese Frist auf sechs Monate. Diese Frist ist entscheidend, da nach ihrem Ablauf eine Annahme der Erbschaft durch Zeitablauf erfolgt und eine Ausschlagung dann nicht mehr möglich ist.

b) Wirkung der Ausschlagung

Durch die Ausschlagung gilt der Erbfall für den Ausschlagenden als nicht eingetreten. Der Nachlass fällt dann mit Wirkung vom Erbfall an den nächsten Erben (sogenannter Nächstberufener). Für den ausschlagenden Erben bedeutet dies, dass er keinerlei Rechte und Pflichten aus dem Nachlass übernimmt, was insbesondere bei überschuldeten Nachlässen oder hohen Steuerforderungen vorteilhaft sein kann.

2. Steuerliche Vorteile der taktischen Ausschlagung

Die taktische Ausschlagung kann in verschiedenen Konstellationen erhebliche steuerliche Vorteile bieten.

a) Vermeidung der Anrechnung auf Freibeträge

Durch die Ausschlagung können Erben ihre persönlichen Freibeträge in der Erbschaftsteuer besser ausschöpfen. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, eine Erbschaft auszuschlagen, wenn der Freibetrag bereits durch frühere Schenkungen oder Erbschaften ausgeschöpft ist. Der Nachlass geht dann an einen anderen Erben über, der noch über ungenutzte Freibeträge verfügt.

b) Ausschlagung gegen Abfindung

In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, die Erbschaft auszuschlagen und im Gegenzug eine Abfindung vom nächsten Erben zu erhalten. Diese Abfindung kann unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich begünstigt sein. Besonders vorteilhaft ist diese Gestaltung, wenn die Abfindung in Form von begünstigtem Betriebsvermögen oder ertragreichen Wirtschaftsgütern erfolgt.

c) Steuerliche Gestaltung bei Berliner Testamenten

Bei einem Berliner Testament, in dem sich Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzen, kann es taktisch sinnvoll sein, dass der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlägt, um den Kindern sofort einen Teil des Erbes zukommen zu lassen. Dadurch können Freibeträge der Kinder genutzt und die Steuerlast des überlebenden Ehegatten reduziert werden.

3. Typische Gestaltungssituationen

Die taktische Ausschlagung ist in mehreren Szenarien ein wirkungsvolles Instrument zur Steueroptimierung:

a) Übertragung von Betriebsvermögen

Bei der Übertragung von begünstigtem Betriebsvermögen kann die Ausschlagung dazu führen, dass der Nachlass an einen Erben übergeht, der von den besonderen erbschaftsteuerlichen Verschonungsregeln für Betriebsvermögen profitiert. Dies ist besonders dann sinnvoll, wenn der ursprüngliche Erbe diese Verschonungsregeln nicht in Anspruch nehmen könnte.

b) Vermächtnisweise Zuwendung

Wenn ein Erbe ein Vermächtnis erhält, das steuerlich ungünstig ist, kann die Ausschlagung dazu führen, dass das Vermächtnis an eine andere Person übergeht, die steuerlich besser gestellt ist. Dadurch lässt sich die Steuerlast optimieren, insbesondere wenn es sich um erbschaftsteuerlich begünstigtes Vermögen handelt.

c) Vermeidung des Gläubigerzugriffs

Eine Ausschlagung kann auch dazu dienen, den Zugriff von Gläubigern auf den Nachlass zu verhindern. In diesem Fall geht das Erbe an den nächsten Erben über, der möglicherweise keine Schulden hat oder bei dem der Zugriff der Gläubiger ausgeschlossen ist.

Risiken

Die taktische Ausschlagung kann an der kurzen Ausschlagungsfrist und den weiteren Voraussetzungen der Ausschlagung scheitern.

Größtes Risiko aber ist, dass die Erbschaft nach erfolgter Auschlagung anderen Personen anfällt als gedacht.

Fazit

Die taktische Ausschlagung bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Steueroptimierung im Erbfall. Sie kann helfen, Freibeträge besser auszuschöpfen, Erbschaftsteuer zu sparen und Vermögen innerhalb der Familie steuerlich optimal zu verteilen. Allerdings ist diese Gestaltungsmöglichkeit an strenge Fristen und rechtliche Vorgaben gebunden. Daher ist es unerlässlich, frühzeitig eine fundierte Beratung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen, um alle Möglichkeiten der Ausschlagung im Rahmen der Nachfolgeplanung optimal zu nutzen.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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