Die Berichtigung des Grundbuchs nach einem Erbfall ist oft mit Unsicherheiten verbunden. Besonders wenn ein gemeinschaftliches Testament vorliegt, stellt sich die Frage: Reicht das Testament als Erbnachweis oder verlangt das Grundbuchamt zusätzlich einen Erbschein? Das Kammergericht Berlin (KG) hat in seinem Beschluss vom 28. Januar 2025 (1 W 37/25) hierzu eine praxisrelevante Entscheidung getroffen.

Der Fall: Pflichtteilsstrafklausel im gemeinschaftlichen Testament
Ein Ehepaar hatte sich in einem notariellen gemeinschaftlichen Testament aus dem Jahr 1978 gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und die beiden gemeinsamen Söhne zu Schlusserben bestimmt. Zusätzlich enthielt das Testament eine Pflichtteilsstrafklausel:
- Falls einer der Söhne nach dem Tod des Erstversterbenden seinen Pflichtteil verlangt, sollte er nach dem Tod des überlebenden Ehegatten ebenfalls nur den Pflichtteil erhalten.
- Der überlebende Ehegatte hatte in diesem Fall das Recht, neu zu testieren. Falls er davon keinen Gebrauch machte, sollte die ursprüngliche Erbeinsetzung bestehen bleiben.
Nach dem Tod des überlebenden Ehegatten beantragte ein Sohn die Grundbuchberichtigung auf Grundlage des Testaments und der gerichtlichen Eröffnungsniederschrift. Das Grundbuchamt verlangte jedoch zusätzlich einen Erbschein, mit der Begründung, dass die Möglichkeit bestehe, dass der überlebende Ehegatte ein neues Testament errichtet habe.
KG Berlin: Kein Erbschein ohne konkrete Zweifel an der Erbfolge
Das Kammergericht hob diese Entscheidung auf und stellte klar:
- Ein Grundbuchamt darf einen Erbschein nicht ohne konkrete Anhaltspunkte verlangen.
- Wenn sich die Erbfolge eindeutig aus einem notariellen Testament und der gerichtlichen Eröffnungsniederschrift ergibt, genügt dies als Erbnachweis (§ 35 Abs. 1 S. 2 GBO).
- Die bloße Möglichkeit, dass ein überlebender Ehegatte ein neues Testament errichtet haben könnte, reicht nicht aus, um die Vorlage eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses zu verlangen.
Das Gericht machte deutlich: Eine Erbscheinpflicht würde in solchen Fällen den gesetzlich vorgesehenen erleichterten Nachweis der Erbfolge durch notarielle Testamente unterlaufen.
Was bedeutet das für Erben und Nachlassabwicklung?
Diese Entscheidung ist von großer Bedeutung für Erben und Nachlassabwicklungen:
- Keine unnötigen Kosten und Verzögerungen: Ein Erbschein ist mit erheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden.
- Stärkung notarieller Testamente: Wenn ein Testament klar formuliert ist, darf das Grundbuchamt keinen zusätzlichen Erbnachweis fordern.
- Rechtsklarheit bei Pflichtteilsstrafklauseln: Das Urteil bestätigt, dass solche Klauseln nicht automatisch zur Enterbung führen, sondern der Nachweis einer neuen Verfügung erforderlich wäre.
Wann kann das Grundbuchamt dennoch einen Erbschein verlangen?
Ein Grundbuchamt kann einen Erbschein verlangen, wenn:
- Unklarheiten über die Erbfolge bestehen, etwa durch widersprüchliche Testamente.
- Das Testament keine eindeutige Erbeinsetzung enthält oder auslegungsbedürftig ist.
- Tatsächliche Hinweise auf eine nachträgliche Testamentsänderung durch den überlebenden Ehegatten vorliegen.
Unsere Unterstützung bei der Grundbuchberichtigung
Wenn das Grundbuchamt trotz eindeutiger Testamentslage einen Erbschein verlangt, können wir für Sie prüfen, ob dies rechtmäßig ist. Als Fachanwälte für Erbrecht helfen wir Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche und der schnellen Grundbuchberichtigung.
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