Nachlassverzeichnis unvollständig: Welche Strafe droht?

Tobias Goldkamp

Veröffentlicht am 12. Oktober 2024 von Tobias Goldkamp

Wenn Erben ein unvollständiges Nachlassverzeichnis vorlegen und wichtige Vermögenswerte verschweigen, können sie sich strafbar machen. Pflichtteilsberechtigte haben das Recht auf ein vollständiges und korrektes Nachlassverzeichnis. Bei Verstößen drohen sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Konsequenzen.

1. Strafbarkeit bei unvollständigem Nachlassverzeichnis – Betrug gemäß § 263 StGB

Erben, die absichtlich Vermögensgegenstände verschweigen, um den Pflichtteil zu mindern, können sich des Betrugs gemäß § 263 StGB strafbar machen. Der Betrug setzt voraus, dass der Erbe durch Täuschung eine falsche Vorstellung über den Nachlassbestand hervorruft, um den Pflichtteilsberechtigten zu einem Vermögensnachteil zu veranlassen. Wird beispielsweise ein Konto oder eine Wertanlage absichtlich verschwiegen und der Pflichtteil dadurch gekürzt, so liegt ein vollendeter Betrug vor.

a) Versuchter Betrug

Sollte der Pflichtteilsberechtigte das unvollständige Verzeichnis bemerken und den Betrug rechtzeitig aufdecken, bevor er einen Nachteil erleidet, kann dennoch der versuchte Betrug vorliegen. Nach § 263 Abs. 2 StGB ist auch der Versuch strafbar, sodass der Erbe selbst dann belangt werden kann, wenn der Betrug nicht zum Vermögensnachteil führt.

b) Strafen für vollendeten und versuchten Betrug

Für einen vollendeten Betrug drohen Erben Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren. Auch der Versuch wird mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bestraft, jedoch kann das Strafmaß in diesem Fall milder ausfallen.

2. Möglichkeiten des Pflichtteilsberechtigten zur Nachlassaufklärung

Um sicherzustellen, dass alle Nachlasswerte vollständig erfasst werden, stehen dem Pflichtteilsberechtigten verschiedene Ansprüche zur Verfügung:

a) Nachlassverzeichnis durch einen Notar (§ 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB)

Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass der Erbe den Bestand des Nachlasses durch einen Notar ermitteln und verzeichnen lässt. Dieses notarielle Nachlassverzeichnis gewährleistet eine unabhängige und objektive Bestandsaufnahme, da der Notar zur als neutrale Amtsperson sorgfältigen und vollständigen Erfassung aller Nachlassgegenstände verpflichtet ist. Die Kosten für das notarielle Nachlassverzeichnis trägt grundsätzlich der Nachlass. Der Notar ist zu eigenen Ermittlungen verpflichtet und darf sich nicht allein auf die Angaben des Erben verlassen. Beispielsweise ist der Notar in der Regel verpflichtet, Kontoauszüge anzufordern und auf Anzeichen für Schenkungen oder weitere Konten durchzusehen.

b) Eidesstattliche Versicherung über die Vollständigkeit des Verzeichnisses (§ 260 Abs. 2 BGB)

Falls Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Nachlassverzeichnisses bestehen, kann der Pflichtteilsberechtigte vom Erben zudem verlangen, dass dieser an Eides statt versichert, dass das Verzeichnis nach bestem Wissen vollständig ist. Diese Versicherung erhöht die Verbindlichkeit der Angaben, da der Erbe vor den rechtlichen Folgen einer falschen Angabe gewarnt wird.

3. Strafbarkeit bei falscher Versicherung an Eides statt

Gibt der Erbe eine falsche Versicherung an Eides statt, macht er sich gemäß § 156 StGB strafbar. Eine falsche eidesstattliche Versicherung liegt vor, wenn der Erbe wissentlich unvollständige oder falsche Angaben über den Nachlassbestand macht. Dies wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Die Falschangabe ist strafbar, weil die eidesstattliche Versicherung als besondere zur Wahrheit verpflichtende Erklärung dient.

Fazit

Pflichtteilsberechtigte haben umfassende Rechte, um ein vollständiges Nachlassverzeichnis zu erhalten, und Erben sollten die Pflicht zur umfassenden Offenlegung ernst nehmen. Die Verschweigung von Nachlassgegenständen kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen und im schlimmsten Fall zu einer Verurteilung wegen Betrugs oder falscher Versicherung an Eides statt führen. Unsere Kanzlei berät Sie umfassend und unterstützt Sie dabei, Pflichtteilsansprüche zu regulieren.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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