Wann greift eine Pflichtteilsstrafklausel?

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 16. Oktober 2015 von Tobias Goldkamp

Mit einer Pflichtteilsstrafklausel wollen Eltern erreichen, dass die Kinder erst nach dem Tod beider Eltern etwas erhalten und nicht schon nach dem Tod des ersten Elternteils Pflichtteilsansprüche geltend machen.

Die Pflichtteilsstrafklausel greift nicht, wenn der Pflichtteilsberechtigte von seinem Anspruch umgehend Abstand nahm, nachdem er von der Pflichtteilsstrafklausel erfuhr. Dies entschied das OLG Rostock mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 – 3 W 138/13:

„Die Pflichtteilsstrafklausel wird durch das bewusste Geltendmachen des Pflichtteils in Kenntnis der Klausel ausgelöst (Palandt/Weidlich, a.a.O., § 2269 Rn. 14; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG München, a.a.O.; OLG Hamm, Beschl. v.13.02.2013, 15 W 421/12, FamRZ 2014, 420 m.w.N.). […]

Ein Verlangen wird in Rechtsprechung und Literatur immer dann angenommen, wenn der Pflichtteilsberechtigte gegenüber dem Überlebenden ausdrücklich und ernsthaft deutlich macht, dass er seinen Pflichtteil geltend machen will. Nicht erforderlich ist, dass er diesen bereits gerichtlich geltend macht oder der Pflichtteil bereits ausgezahlt ist (OLG Hamm, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG München, a.a.O.; Palandt/Weidlich, a.a.O., § 2269 Rn. 14). Nicht hingegen ausreichen soll es hierfür, dass der Pflichtteilsberechtigte allein Auskunft begehrt. Zwar wird der Erbe auch durch die Erstellung des Nachlassverzeichnisses im Wege der Auskunft schon durch die Auseinandersetzung mit dem Pflichtteilsberechtigten belastet. Der Pflichtteilsberechtigte hingegen benötigt zumindest die Auskunft über den Umfang des Nachlasses, um sich entscheiden zu können, ob er seine Schlusserbeneinsetzung bestehen lassen oder lieber seinen Pflichtteil in Anspruch nehmen möchte (BayObLG, a.a.O.). Diese Differenzierung ergebe sich schon daraus, dass der Gesetzgeber mit dem Auskunftsanspruch in § 2314 BGB und dem Pflichtteilsanspruch in § 2303 BGB zwei unterschiedliche Ansprüche geregelt hat.

Ob der Pflichtteilsberechtigte zu erkennen gibt, den Pflichtteil ernsthaft geltend machen zu wollen, ist dabei aus der Sicht des Erben unter Zugrundelegung des objektiven Empfängerhorizonts zu beurteilen. […]

Subjektiv erfordert die Verwirkung der Pflichtteilsstrafklausel, dass die Beteiligte zu 2) ihren Anspruch auf den Pflichtteil bewusst in Kenntnis der Strafklausel geltend gemacht hat.“

Die Pflichtteilsstrafklausel greift also erst, wenn der Pflichtteilsberechtigte in Kenntnis der Klausel ernsthaft seinen Pflichtteil einfordert. Wusste der Pflichtteilsberechtigte von der Kausel nichts, so kann er noch von seinem Verlangen Abstand nehmen, wenn er von der Klausel erfährt, und so seine Erbenstellung nach dem letztversterbenden Elternteil bewahren.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

Themen

Nach oben scrollen