Wie Verwandte des zuerst verstorbenen Ehegatten Erbschaftsteuer sparen können

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 22. Februar 2025 von Tobias Goldkamp

Viele Ehepaare setzen sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Erben ein und bestimmen andere Angehörige als Erben oder Vermächtnisnehmer für den zweiten Erbfall. Ohne besondere Regelung kann dies zu hohen Erbschaftsteuern führen, wenn die Begünstigten nicht mit dem längerlebenden Ehegatten verwandt sind.

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Die Lösung: Auf Antrag kann das Finanzamt für die Besteuerung nicht das Verhältnis zum überlebenden Ehegatten, sondern das zum zuerst verstorbenen Ehegatten zugrunde legen. Dadurch können sich erheblich günstigere Steuerklassen und Freibeträge ergeben.

Wie funktioniert die Steuerbegünstigung?

Ohne diese Sonderregelung müssten Erben und Vermächtnisnehmer die Erbschaftsteuer nach ihrem Verwandtschaftsverhältnis zum zuletzt verstorbenen Ehegatten zahlen. Für Kinder aus einer früheren Beziehung oder Verwandte wie Geschwister, Nichten und Neffen bedeutet das oft hohe Steuersätze und niedrige Freibeträge.

Mit einem Antrag kann der Erwerb steuerlich dem Erstverstorbenen zugeordnet werden – mit potenziell erheblichen Steuerersparnissen.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Damit die steuerliche Begünstigung greift, müssen diese Bedingungen erfüllt sein:

  1. Gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag nach § 2269 BGB
    • Das Ehepaar muss eine wechselbezügliche oder vertragsmäßige Verfügung getroffen haben, die den längerlebenden Ehepartner bindet.
  2. Vermögen des Erstverstorbenen noch vorhanden
    • Der Erbe oder Vermächtnisnehmer kann sich nur auf die Steuerklasse des Erstverstorbenen berufen, soweit das ursprüngliche Vermögen beim überlebenden Ehegatten noch vorhanden ist.
  3. Keine neue, wiederholende Verfügung durch den überlebenden Ehegatten
    • Der Antrag ist nur möglich, wenn der überlebende Ehegatte das gemeinschaftliche Testament nicht durch eine eigenständige Verfügung ersetzt, sondern sich an die ursprüngliche Bindung hält.
  4. Ein Abänderungsvorbehalt ist unschädlich
    • Solange keine neue Verfügung errichtet wird, bleibt die Steuervergünstigung auch dann bestehen, wenn das Testament eine Änderungsklausel enthält.
  5. Steuervergünstigung muss beantragt werden
    • Die Anwendung erfolgt nicht automatisch, sondern muss bei der Erbschaftsteuererklärung geltend gemacht werden.

Beispiel: Steuerersparnis durch die Regelung

Zunächst stirbt die Ehefrau und hinterlässt ihrem Ehemann ein Vermögen von 200.000 €, das bei seinem Tod noch vorhanden ist. Als der Ehemann stirbt, wird er von der Nichte seiner Ehefrau beerbt.

  • Ohne Antrag
    • Die Nichte gilt als nicht verwandte Erbin des Witwers
    • Steuerklasse III mit 30 % Steuersatz und 20.000 € Freibetrag
    • Steuerbelastung: 84.000 €
  • Mit Antrag
    • Die Erbin wird steuerlich als Nichte der Ehefrau behandelt
    • Steuerklasse II mit 20 % Steuersatz und 20.000 € Freibetrag
    • Steuerbelastung: 56.000 €
  • Ergebnis: 28.000 € Steuerersparnis

Wichtige Hinweise zur praktischen Umsetzung

📌 Nachweis der Vermögensherkunft erforderlich

  • Das Finanzamt verlangt oft detaillierte Nachweise darüber, dass das vererbte Vermögen noch aus dem ersten Erbfall stammt.

📌 Nicht anwendbar auf lebzeitige Schenkungen

  • Wird das Vermögen vor dem Tod des überlebenden Ehepartners verschenkt oder verbraucht, entfällt die Vergünstigung.

📌 Strategische Planung notwendig

  • In manchen Fällen kann es günstiger sein, auf die Regelung zu verzichten, um Freibeträge mehrfach zu nutzen.

Fazit: Steuerliche Vorteile durch kluge Gestaltung nutzen

Die Sonderregelung ermöglicht eine erhebliche Steuerersparnis für Erben und Vermächtnisnehmer, wenn das Vermögen aus dem Nachlass des zuerst verstorbenen Ehegatten stammt. Eine gezielte Planung kann dazu beitragen, die Erbschaftsteuerbelastung erheblich zu reduzieren.

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Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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