In einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt wurde klargestellt, dass ein veräußernder Eigentümer, der noch im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, beschwerdeberechtigt ist, wenn das Grundbuchamt die Löschung eines Nacherbenvermerks ablehnt (Beschluss vom 12. Januar 2023 – 20 W 196/22). Diese Entscheidung betont die Rechte des Vorerben im Zusammenhang mit der Veräußerung von Grundstücken, insbesondere bei der Löschung des Nacherbenvermerks.
1. Sachverhalt
Der beteiligte Vorerbe und seine erste Ehefrau errichteten 1996 ein gemeinschaftliches notarielles Testament, in dem sie sich gegenseitig als befreite Vorerben einsetzten und ihre Tochter als Nacherbin bestimmten. Nach dem Tod der Ehefrau 2011 wurde der Vorerbe als Alleineigentümer in das Grundbuch eingetragen, wobei ein Nacherbenvermerk zugunsten der Tochter eingetragen wurde.
2022 veräußerte der Vorerbe das Grundstück an Dritte, vertreten durch seine zweite Ehefrau aufgrund einer Vorsorgevollmacht. Im Kaufvertrag wurde neben der Auflassung die Löschung des Nacherbenvermerks beantragt. Die Nacherbin widersprach der Löschung des Vermerks.
Das Grundbuchamt lehnte die Löschung des Nacherbenvermerks ab, da kein ausreichender Nachweis erbracht worden sei, dass die entgeltliche Verfügung dem Nachlass zugute komme. Daraufhin legte der Vorerbe Beschwerde ein.
2. Entscheidung des OLG Frankfurt
Das OLG Frankfurt hob die Zwischenverfügung des Grundbuchamts auf und entschied, dass der Vorerbe beschwerdeberechtigt sei. Solange er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sei, habe er das Recht, gegen die Ablehnung der Löschung des Nacherbenvermerks Beschwerde einzulegen.
a) Beschwerdeberechtigung des Vorerben
Das Gericht stellte fest, dass der Vorerbe antragsberechtigt sei, solange er noch als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Diese Antragsberechtigung ergibt sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO, wonach jeder, dessen Recht von einer Eintragung betroffen ist, zur Stellung eines Antrags berechtigt ist. Dies gilt auch für den Antrag auf Löschung eines Nacherbenvermerks.
b) Voraussetzungen für die Löschung des Nacherbenvermerks
Der Nacherbenvermerk kann gelöscht werden, wenn der befreite Vorerbe wirksam über das Grundstück verfügt hat und die Verfügung entgeltlich erfolgt ist. Im vorliegenden Fall wurde der Kaufpreis durch den Käufer gezahlt, jedoch war strittig, ob die entgeltliche Verfügung dem Nachlass zugutekam.
Das OLG stellte klar, dass bei einer befreiten Vorerbschaft gemäß § 2136 BGB keine Verpflichtung besteht, den Kaufpreis dem Nachlass bzw. dem Nacherben zu erhalten. Der befreite Vorerbe darf die erhaltene Gegenleistung für sich selbst verwenden. Entscheidend ist, dass die Verfügung nicht unentgeltlich erfolgt ist. Ein Verstoß gegen § 2113 Abs. 2 BGB, der unentgeltliche Verfügungen des Vorerben verbietet, liegt nicht vor, wenn der Vorerbe die Gegenleistung für sich verwendet, da dies bei der befreiten Vorerbschaft zulässig ist.
c) Entgeltlichkeit der Verfügung
Das Gericht betonte, dass eine Verfügung nur dann als unentgeltlich anzusehen ist, wenn objektiv keine gleichwertige Gegenleistung erfolgt und der Vorerbe dies subjektiv hätte erkennen müssen. Im vorliegenden Fall wurde eine Gegenleistung in Höhe des Kaufpreises erbracht, weshalb die Verfügung nicht als unentgeltlich angesehen werden konnte.
3. Bedeutung der Entscheidung
Diese Entscheidung des OLG Frankfurt klärt wichtige Fragen zur Beschwerdeberechtigung bei der Ablehnung der Löschung eines Nacherbenvermerks sowie zu den Voraussetzungen, unter denen ein Nacherbenvermerk im Grundbuch gelöscht werden kann. Es verdeutlicht, dass ein Vorerbe, der als befreiter Vorerbe handelt, berechtigt ist, über das Grundstück zu verfügen und die Gegenleistung für sich selbst zu verwenden bzw. zu verbrauchen.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Frankfurt zeigt, dass Vorerben weitgehende Rechte im Umgang mit dem Nachlass haben, wenn sie als befreite Vorerben eingesetzt sind. Solange die Verfügungen entgeltlich erfolgen, kann der Vorerbe über den Nachlass verfügen und die Gegenleistung für sich selbst verwenden.
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