Eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit des Nachlassverzeichnisses

Bestehen konkrete Anhaltspunkte, dass der Erbe das Nachlassverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt hat, kann er verpflichtet werden, zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben hat, wie er dazu imstande ist. Als Anhaltspunkte zählen z.B. Lücken und Verzögerungen, die auf Versäumnissen des Erben beruhen.

OLG München, Urteil vom 01. Februar 2012 – 3 U 3525/11:

„Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung kann bereits verlangt werden, wenn Anhaltspunkte – zum Beispiel lückenhafte, zögerliche Auskunftserteilung – bestehen, dass Verzeichnisse nicht mit der notwendigen Sorgfalt erstellt wurden (vgl. Frieser, Fachanwaltskommentar Erbrecht, 2. Aufl. 2008, Bearbeiter Lindner, § 2314, Rn. 23).

So verhält es sich vorliegend. Der Beklagte hat über Umfang und Wert des Nachlasses mit Schreiben vom 5.6.2009 (Anlage K4) Auskunft erteilt. In dem weiteren Schreiben vom 5.10.2009 (Anlage K7) erweiterte der Beklagte seine Angaben um 5.000,– Euro für erfolgte Barschenkungen und um diverses Hausinventar im Gesamtwert von 800,– Euro. Mit weiterem Schreiben vom 21.10.2009, dies auf erneutes Anwaltsschreiben hin, erwähnte der Beklagte ein Gerüst sowie eine „Versicherung des V.“. Tatsächlich handelt sich um zwei Versicherungen; die Leistungen aus zumindest der mit Versicherungsnummer …62-07 bezeichneten waren dem Beklagten bereits im Januar 2009 zugeflossen (vgl. Anlagen zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 28.1.2010, Bl. 19/22 d. A.).

Aufgrund dieses nur sukzessive auf Nachfrage erfolgten Offenbarens des Gesamtumfangs des Nachlasses, wobei die Unvollständigkeit bei gehöriger Sorgfalt hätte vermieden wer den können (vgl. Palandt, 70. Aufl. 2011, Bearbeiter Grüneberg, § 259, Rn. 13), ist der Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gegeben.“

Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 17. Februar 2000 – 2 U 101/99:

„Der zur Auskunft Verpflichtete hat nach § 260 Abs. 2 BGB eine Versicherung an Eides statt abzugeben, wenn der Berechtigte Umstände darlegt, aus denen sich ergibt, dass der Verpflichtete die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt hat. Aus dem Verhalten des Beklagten zu 1. ergeben sich solche Umstände durchaus. Zwar hat der Beklagte zu 1. auf das Auskunftsverlangen des Klägers umgehend reagiert, in mehreren Schreiben den Nachlassbestand ausführlich dargelegt und auch auf Nachfragen des Klägers reagiert. Die von dem Beklagten zu 1. zu erteilende Auskunft bezog sich im Hinblick auf § 2325 BGB auch auf die in den letzten zehn Jahren vom Erblasser gemachten Schenkungen.

Der Verdacht mangelnder Sorgfalt kann sich jedoch nicht nur aus der Unrichtigkeit, sondern auch aus der Unvollständigkeit der Auskunft ergeben. Für eine derartige Unvollständigkeit bestehen hinreichende Anhaltspunkte. Der Kläger hat zu Recht gerügt, der Beklagte zu 1. könnte Schenkungen des Erblassers wissentlich verschwiegen haben. Die von ihm im Einzelnen dargelegte Vermögenssituation des Beklagten zu 1. und die einzelnen von ihm in der Vergangenheit getätigten, zum Teil umfangreichen Investitionen lassen sich ohne in den Auskünften nicht genannte weitere Schenkungen des Erblassers kaum erklären. Der Beklagte zu 1) hat zwar dargelegt, dass sich die Investitionen unter Berücksichtigung der Inzahlungnahme von Altmaschinen nur auf 241.250,– DM belaufen hätten und dass für die Errichtung des Altenteilerhauses ein bereits 1983 vorhandenes Sparguthaben von über 100.000,– DM zur Verfügung gestanden habe. Der Beklagte zu 1. hat jedoch nicht dargelegt, aus welchen Mitteln er die umfangreichen Käufe landwirtschaftlicher Flächen im Werte von DM 176.950,00 bezahlt hat. Diese Lücke in der Auskunft des Beklagten zu 1. ist durch eine ergänzende Auskunft und eine nachfolgende Versicherung an Eides statt über die Richtigkeit und Vollständigkeit aller Auskünfte zu schließen.“

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