Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat in seinem Beschluss vom 27. Mai 2024 (Az.: 8 W 41/23) klargestellt, dass die Auslegungsregel des § 2069 BGB nicht auf Abkömmlinge einer als Ersatzerbin eingesetzten, vorverstorbenen Person anwendbar ist. Die Entscheidung betont die Bedeutung klarer testamentarischer Regelungen für den Erblasserwillen.

Der Fall
Ein Erblasser setzte in einem privatschriftlichen Testament seine Tochter als Alleinerbin ein. Als Ersatzerbin bestimmte er seine Lebensgefährtin für den Fall, dass die Tochter das Erbe ausschlagen sollte. Nach dem Tod des Erblassers schlug die Tochter das Erbe aus, und die Lebensgefährtin war bereits vorverstorben.
Die Enkelin der Lebensgefährtin beantragte daraufhin einen Erbschein, der sie als Erbin ausweisen sollte. Sie argumentierte, dass der Erblasser mit der Einsetzung der Lebensgefährtin als Ersatzerbin deren Familie als Erben gewollt habe, falls diese vor ihm versterben würde. Das Nachlassgericht gab dem Antrag statt.
Entscheidung des OLG Zweibrücken
Das Beschwerdegericht hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf und stellte fest, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass der Erblasser die Abkömmlinge der Lebensgefährtin als Erben eingesetzt hatte. Die wesentlichen Erwägungen:
- Keine Anwendung von § 2069 BGB
- § 2069 BGB sieht vor, dass beim Wegfall eines eingesetzten Erben dessen Abkömmlinge an dessen Stelle treten, sofern der Erblasser nichts anderes bestimmt hat. Diese Regelung gilt jedoch nur für Abkömmlinge des Erblassers, nicht für andere nahestehende Personen wie Lebensgefährten oder deren Familienangehörige.
- Keine erkennbaren Anhaltspunkte für eine Ersatz-Ersatzerbeneinsetzung
- Der Erblasser hatte in seinem Testament keine weiteren Ersatzregelungen getroffen, obwohl er den möglichen Vorversterbensfall der Lebensgefährtin hätte voraussehen können. Die Tatsache, dass die Lebensgefährtin älter war als der Erblasser, spricht dafür, dass er bewusst auf eine Regelung für deren Abkömmlinge verzichtete.
- Bindung an den testamentarischen Wortlaut
- Der Wortlaut des Testaments beschränkt die Ersatzerbeneinsetzung auf die Lebensgefährtin selbst. Eine Ausdehnung auf deren Enkelin oder andere Familienangehörige durch ergänzende Auslegung ist nicht gerechtfertigt.
- Gesetzliche Erbfolge tritt ein
- Da sowohl die Tochter als auch die Lebensgefährtin als Erben wegfallen, greift die gesetzliche Erbfolge, wobei die Enterbung des Sohnes des Erblassers zu berücksichtigen ist.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Zweibrücken unterstreicht die Bedeutung klarer und umfassender testamentarischer Regelungen, insbesondere bei der Einsetzung von Ersatzerben. Erblasser sollten ihre Vorstellungen detailliert festhalten, um Missverständnisse und rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden.
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