Angehöriger verstorben: Erste erbrechtliche Schritte

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 5. Januar 2024 von Tobias Goldkamp

Verstirbt ein Mensch, stellt sich für die Hinterbliebenen die Frage, welche Rechte und Pflichten sie nun haben.

Den eigenen Gefühlen Raum geben

Der Tod kann lang erwartet sein oder unvorhergesehen und schockierend.

Abhängig vom eigenen Verhältnis zum Verstorbenen kann der Tod Trauer und Verzweiflung auslösen, manchmal aber auch Gleichgültigkeit oder Erleichterung.

Das Todesereignis zu verarbeiten ist wichtig für die eigene psychische Gesundheit, aber auch für eine erfolgreiche rechtliche Abwicklung der Nachlassangelegenheit. Denn eine Fehlverarbeitung kann die Abwicklung belasten und zu Konflikten und Fehlentscheidungen führen.

Die Bestattung ist für viele Menschen ein wichtiger Meilenstein ihres Verarbeitungsprozesses. Deshalb ist es in vielen Fällen pietätvoll und angemessen, die Bestattung abzuwarten, bevor rechtliche Schritte ergriffen werden.

Testamente beim Nachlassgericht abliefern

Zu den ersten Dingen, die nach einem Sterbefall zu erledigen sind, gehört es, Testamente beim Nachlassgericht abzuliefern. Wer ein Testament im Besitz hat, ist verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von dem Tod des Erblassers Kenntnis erlangt hat, an das Nachlassgericht abzuliefern (§ 2259 BGB).

Unverzüglich bedeutet: ohne schuldhaftes Zögern.

Nachlassgericht ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte.

Wer die Pflicht verletzt, ein Testament abzuliefern, kann sich wegen Urkundenunterdrückung strafbar machen und erbunwürdig werden (§ 274 StGB, § 2339 BGB).

Notarielle Testamente und Erbverträge gelangen automatisch zum Nachlassgericht. Sie werden schon nach der Beurkundung vom Notar zum Gericht geschickt, spätestens jedoch nach dem Erbfall. Es ist nicht erforderlich, den Notar dazu aufzufordern.

Was das Nachlassgericht macht

  • Verfügungen von Todes wegen (Testamente, Erbverträge) entgegennehmen, aufbewahren und eröffnen sowie den Beteiligten schicken
  • den Nachlass sichern, z.B. durch Nachlasspflegschaft
  • die Erben ermitteln
  • Erklärungen entgegennehmen, die dem Nachlassgericht gegenüber abzugeben sind, z.B. Ausschlagungen oder Anfechtungen,
  • Erbscheine und Testamentsvollstreckerzeugnisse erteilen,
  • Testamentsvollstrecker ernennen, sofern der Erblasser keine anderweitige Regelung getroffen hat, und Testamentsvollstrecker entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt
  • Nachlassverwaltung auf Antrag der Erben

Was das Nachlassgericht nicht macht

  • Wirksamkeit von Verfügungen außerhalb eines Verfahrens prüfen
  • den Nachlass ermitteln und Auskunft darüber erteilen
  • die Beteiligten rechtlich beraten (dafür sind Rechtsanwälte zuständig)

Eröffnung von Testamenten und Erbverträgen

Das Nachlassgericht eröffnet alle Testamente und Erbverträge und errichtet darüber ein Protokoll, die sogenannte Eröffnungsniederschrift. Anders als in Kinofilmen werden die Angehörigen in der Regel nicht zur Eröffnung geladen. Das Nachlassgericht verschickt die Eröffnungsniederschrift mit Kopien der eröffneten Verfügungen von Todes wegen an alle Personen, die zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören oder denen durch die Verfügungen Rechte und Pflichten verliehen worden sein könnten, z.B. als Erben, Vermächtnisnehmer oder Testamentsvollstrecker bestimmte Personen.

Dies dient dazu, dass die genannten Personen die Verfügungen prüfen können und ihre daraus folgenden Rechte und Pflichten erfahren. So soll das Verfahren der Eröffnung dazu beitragen, dass die Nachlassangelegenheit ordnungsgemäß abgewickelt wird. Deshalb ist es gesetzlich ausgeschlossen, als Erblasser oder als Angehöriger zu verhindern, dass die Testamente und Erbverträge eröffnet und die genannten Personen informiert werden.

Wenn das Nachlassgericht Ihnen eine Eröffnungsniederschrift schickt, stellen sich oft Fragen. Sind die eröffneten Verfügungen wirksam? Wie sind sie auszulegen? Welche Rechte und Pflichten habe ich? Was ist nun zu tun? Diese Fragen können wir Ihnen beantworten. Vereinbaren Sie einfach einen Besprechungstermin und bringen Sie die Eröffnungsniederschrift mit den eröffneten Verfügungen mit.

Weitere Schritte

Das Nachlassgericht prüft die eröffneten Verfügungen nur, wenn es dazu durch einen Antrag eines Beteiligten veranlasst wird, etwa einen Antrag auf Erbscheinserteilung. Für die entsprechenden Anträge und Verfahren gibt es gesetzliche Regelungen. Alternativ zum Erbscheinsverfahren vor dem Amtsgericht besteht die Möglichkeit, die Erbfolge durch eine Erbenfeststellungsklage zu klären.

Wir helfen Ihnen, die richtige Verfahrensart zu wählen und die richtigen Anträge zu stellen. Wir können Sie in den entsprechenden Verfahren vertreten.

Manchmal bestehen auch Gründe zur Anfechtung, z.B., wenn der Erblasser durch einen Irrtum zu seiner Verfügung gebracht wurde oder ein Erbe erbunwürdig ist. Wir können prüfen, ob Anfechtungsgründe vorliegen.

Wenn Sie es wünschen, helfen wir Ihnen, eine entsprechende Anfechtung form- und fristgerecht zu erklären.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

Themen

Nach oben scrollen