Auslegung unklarer Formulierungen in einem Ehegattentestament

Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat am 11. Juli 2024 (Az.: 8 W 80/23) eine wichtige Entscheidung zur Auslegung gemeinschaftlicher Testamente getroffen. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob die Bestimmungen eines Testaments nur für den Fall eines zeitgleichen Ablebens beider Eheleute gelten oder auch dann, wenn die Ehepartner nacheinander versterben.

Hintergrund des Falls

Im vorliegenden Fall hatten Eheleute im Jahr 2000 ein gemeinschaftliches Testament errichtet. Darin setzten sie sich gegenseitig als Alleinerben ein. Zusätzlich bestimmten sie, dass ihr gemeinsames Vermögen an bestimmte Angehörige beider Familien verteilt werden sollte, „falls wir auf einer Reise oder durch sonstige Umstände gleichzeitig oder nacheinander ableben sollten“. Nach dem Tod seiner Frau im Jahr 2011 verstarb der Ehemann 2021. Wegen der Klausel entbrannte ein Streit darüber, ob die Erbfolge nach dem Testament greift oder die gesetzliche Erbfolge gilt.

Die Entscheidung des OLG Zweibrücken

Das OLG Zweibrücken entschied, dass das Testament nicht nur für den Fall des gleichzeitigen Ablebens der Eheleute Gültigkeit habe, sondern generell als Schlusserbeneinsetzung zu verstehen sei. Das Gericht stellte klar, dass die Formulierungen im Testament, insbesondere die ausdrückliche Nennung der nächsten Angehörigen und die gleichmäßige Aufteilung des Vermögens, darauf hinweisen, dass die Eheleute eine umfassende Regelung treffen wollten, die auch für den Fall gilt, dass sie nacheinander versterben.

Das Gericht führte aus, dass es sich bei der im Testament enthaltenen Klausel nicht um eine typische „Katastrophenklausel“ handelt, die nur im Fall des gleichzeitigen Todes beider Ehepartner greift. Vielmehr sei das Testament so auszulegen, dass es eine allgemeine Schlusserbeneinsetzung vorsieht, die auch bei einem zeitlich getrennten Ableben der Eheleute Anwendung findet.

Bedeutung der Entscheidung

Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Formulierung in gemeinschaftlichen Testamenten. Eheleute, die ihre Erbfolge regeln möchten, sollten darauf achten, klare und unmissverständliche Bestimmungen zu treffen, die sowohl den Fall des gleichzeitigen als auch des nacheinander erfolgenden Ablebens berücksichtigen. Andernfalls kann es zu Unklarheiten kommen, die langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen nach sich ziehen.

Zugleich zeigt sie, dass bei der Auslegung von Testamenten nicht allein der buchstäbliche Sinn des Wortlauts zählt, sondern zu erforschen ist, wie der Erblasser seine Erklärung gemeint hat (§ 133 BGB).

Unsere Kanzlei steht Ihnen bei der Erstellung und Auslegung von Testamenten zur Seite und hilft Ihnen, klare und rechtssichere Regelungen zu treffen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Wenn Sie Fragen zu Ihrem Testament oder zur Erbfolge haben, beraten wir Sie gerne.

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