Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf hat sich in einem kürzlich ergangenen Gerichtsbescheid intensiv mit der erbschaftsteuerlichen Behandlung von Kommanditanteilen und der Berücksichtigung von Nießbrauchsrechten auseinandergesetzt. Die Entscheidung vom 17. Juli 2024, Az. 4 K 1675/23 Erb, enthält Ausführungen dazu, wie frühere Erwerbe von begünstigtem Vermögen sowie Verzichte auf Nießbrauchsrechte bei der Ermittlung der Großerwerbsschwelle nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) zu berücksichtigen sind.
1. Hintergrund des Falls
Im vorliegenden Fall übertrug die Klägerin Kommanditanteile an einer GmbH & Co. KG auf ihre Nichten und Neffen und behielt sich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vor. Später verzichtete sie auf dieses Nießbrauchsrecht, wodurch erneut Schenkungsteuer ausgelöst wurde. Die steuerliche Behandlung dieser Vorgänge, insbesondere die Frage, ob und inwieweit frühere Erwerbe von begünstigtem Vermögen bei der Prüfung der Großerwerbsschwelle zu berücksichtigen sind, stand im Mittelpunkt des Verfahrens.
2. Kernaussagen des Urteils
a) Einbeziehung früherer Erwerbe
Das FG Düsseldorf stellte fest, dass frühere Erwerbe von begünstigtem Vermögen, die vor dem 1. Juli 2016 erfolgt sind, bei der Ermittlung der Großerwerbsschwelle nach § 13a ErbStG nicht zu berücksichtigen sind. Diese Entscheidung stützt sich auf die gesetzliche Neuregelung des begünstigten Vermögens nach dem ErbStG, die erst ab dem 1. Juli 2016 in Kraft trat. Frühere Erwerbe, die nach der alten Rechtslage bewertet wurden, können nicht rückwirkend unter die neuen Regelungen fallen.
b) Berücksichtigung von Nießbrauchsrechten
Darüber hinaus wurde im Urteil klargestellt, dass Nießbrauchsrechte, die im Rahmen einer Schenkung zurückbehalten und später aufgegeben werden, bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs zu berücksichtigen sind. Der Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht stellt eine freigebige Zuwendung dar und muss daher bei der Prüfung der Großerwerbsschwelle mit einbezogen werden.
3. Steuerliche Konsequenzen und Praxisempfehlungen
a) Steuerliche Planung bei Übertragungen
Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung einer sorgfältigen steuerlichen Planung bei der Übertragung von Kommanditanteilen und anderen Vermögenswerten unter Nießbrauchsvorbehalt. Insbesondere bei der Übertragung von Unternehmensanteilen sollten alle relevanten Steuervorschriften sorgfältig geprüft werden, um unerwünschte Steuerfolgen zu vermeiden.
b) Umgang mit früheren Erwerben
Frühere Erwerbe, die vor der Neuregelung des ErbStG im Juli 2016 erfolgten, sollten bei der steuerlichen Planung nicht nach den neuen Bewertungsgrundsätzen beurteilt werden. Die steuerlichen Vorteile, die unter der alten Rechtslage bestanden, bleiben erhalten, solange keine neue steuerlich relevante Zuwendung erfolgt.
c) Bedeutung der Nießbrauchsgestaltung
Nießbrauchsrechte bieten zwar eine Möglichkeit zur Reduzierung der Steuerlast bei der Übertragung von Vermögenswerten, müssen jedoch bei der Aufgabe des Nießbrauchs sorgfältig in die steuerliche Bewertung einbezogen werden. Ein unbedachter Verzicht kann zu unerwarteten Steuerbelastungen führen.
Fazit
Das Urteil des FG Düsseldorf zeigt, wie komplex die erbschaftsteuerliche Behandlung von Kommanditanteilen und Nießbrauchsrechten ist. Steuerpflichtige und ihre Berater sollten die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen genau kennen und die Auswirkungen früherer Erwerbe sowie die Gestaltung von Nießbrauchsrechten sorgfältig prüfen. Eine fundierte Beratung ist unerlässlich, um steuerliche Fallstricke zu vermeiden und die Erbschaftsteuerlast zu minimieren.