Häufige Irrtümer im Erbrecht

Tobias Goldkamp

Veröffentlicht am 4. Oktober 2024 von Tobias Goldkamp

Das Erbrecht ist ein komplexes Rechtsgebiet, das viele Fallstricke birgt. Immer wieder begegnen uns in der Praxis Irrtümer, die zu unerwünschten Ergebnissen führen können. In diesem Artikel klären wir einige der häufigsten Missverständnisse und geben Ihnen wertvolle Hinweise, wie Sie Fehler vermeiden können.

Irrtum 1: „Ein Testament kann man nur als Volljähriger errichten“

Ein Testament kann man errichten, sobald man das 16. Lebensjahr vollendet hat. Die Zustimmung der Eltern wird nicht benötigt. Es ist jedoch notarielle Beurkundung erforderlich. Ein handschriftliches Testament kann erst ein Volljähriger errichten, d.h. jemand, der sein 18. Lebensjahr vollendet hat.

Irrtum 2: „Ein handschriftliches Testament genügt immer“

Wer minderjährig oder leseunfähig ist, kann ein Testament nur durch notarielle Beurkundung errichten. Als Leseunfähig gelten Analphabeten, aber auch Personen, die infolge einer starken Sehschwäche nicht mehr lesen können. Beispielsweise kann es infolge einer Makuladegeneration dazu kommen, dass eine Person noch handschriftlich schreiben kann, das Geschriebene jedoch nicht mehr lesen kann. Ein so geschriebenes Testament ist unwirksam.

Unzureichend ist ein handschriftliches Testament auch, wenn eine vertragsmäßige Bindung herbeigeführt werden soll oder die Verfügung mit einem Pflichtteilsverzicht verbunden werden soll. In solchen Fällen ist eine notarielle Beurkundung als Erbvertrag oder Pflichtteilsverzichtsvertrag erforderlich.

Irrtum 3: „Ehegatten sind immer automatisch Alleinerben“

Viele Menschen glauben, dass ein Testament überflüssig ist, weil die gesetzliche Erbfolge alles regelt. Doch dies ist ein weitverbreiteter Irrtum. Die gesetzliche Erbfolge berücksichtigt nicht die individuellen Wünsche des Erblassers. So kann es beispielsweise passieren, dass entfernte Verwandte erben, obwohl der Erblasser dies nicht gewollt hätte. Ein Testament ermöglicht es, die Erbfolge nach eigenen Vorstellungen zu gestalten und Missverständnisse zu vermeiden.

Tatsächlich hängt die gesetzliche Erbquote des überlebenden Ehegatten von dem ehelichen Güterstand und den vorhandenen Verwandten ab. So erbt der Ehegatte nach der gesetzlichen Erbfolge neben Kindern nur die Hälfte.

Sind keine Kinder vorhanden, erben neben dem Ehegatten die Eltern, Geschwister oder Nichten und Neffen des Erblassers. Manche Ehegatten bemerken dies erst, wenn sie sich nach gesetzlicher Erbfolge in einer Erbengemeinschaft mit Nichten und Neffen wiederfinden.

Irrtum 4: „Ein notarielles Testament ist immer die beste Wahl“

Zwar bietet ein notarielles Testament rechtliche Sicherheit und kann im Erbfall die Notwendigkeit eines Erbscheins vermeiden, es ist jedoch nicht immer die beste Wahl. Wer damit rechnet, sein Testament künftig häufiger ändern zu müssen, fährt unter Umständen mit einem handschriftlichen Testament besser. Es ist kostengünstiger und flexibel anpassbar. Allerdings sollte auch ein handschriftliches Testament gut durchdacht und klar formuliert sein, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Irrtum 5: „Vermächtnisnehmer und Erben haben dieselben Rechte“

Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen einem Vermächtnisnehmer und einem Erben, der häufig übersehen wird. Ein Vermächtnisnehmer hat lediglich Anspruch auf einen bestimmten Gegenstand oder eine bestimmte Geldsumme aus dem Nachlass, er wird aber nicht Miteigentümer am Gesamtnachlass und ist kein Rechtsnachfolger des Erblassers.

Irrtum 6: „Ein Berliner Testament kann problemlos geändert werden“

Setzen sich Eheleute gegenseitig als Erben ein und die Kinder als Schlusserben ein, ist nach dem Tod eines Ehegatten der andere Ehegatte an die Einsetzung der Kinder gebunden. Etwas anderes gilt nur, wenn ihm im Testament ausdrücklich vorbehalten ist, die für den Schlusserbfall getroffenen Verfügungen noch zu ändern.

Irrtum 7: „Das Nachlassgericht informiert mich über den Nachlass“

In Deutschland gibt es keine Zentralstelle, die über sämtliches Vermögen und sämtliche Verbindlichkeiten eines Menschen informiert ist. Noch nicht einmal das Finanzamt. Erst recht weiß das Nachlassgericht nicht, wie sich der Nachlass zusammensetzt. Die Hinterbliebenen müssen sich diese Informationen selbst besorgen, z.B. durch Recherchen bei Banken und Grundbuchämtern oder durch Auskunftsansprüche.

Fazit: Rechtzeitig informieren und Fehler vermeiden

Das Erbrecht ist ein komplexes Rechtsgebiet, in dem Fehler weitreichende Konsequenzen haben können. Es ist daher ratsam, sich rechtzeitig zu informieren und gegebenenfalls anwaltlichen Rat einzuholen, um häufige Irrtümer zu vermeiden. Unsere Kanzlei steht Ihnen bei allen Fragen rund um das Erbrecht zur Seite und hilft Ihnen, Ihre Vermögensnachfolge rechtssicher zu gestalten.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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