Die Jastrowsche Klausel ist eine spezielle Pflichtteilsstrafklausel im Berliner Testament, die Kinder motivieren soll, davon abzusehen, beim Tod des erstversterbenden Elternteil den Pflichtteil zu fordern. Für die Kinder, die den Pflichtteil nicht geltend machen, wird ein Vermächtnis vorgesehen, das erst mit dem Tod des überlebenden Elternteils fällig wird. Diese Gestaltung wirft Fragen hinsichtlich der erbschaftsteuerlichen Behandlung auf, insbesondere wie das betagte Vermächtnis versteuert wird.
1. Was ist ein betagtes Vermächtnis?
Ein betagtes Vermächtnis ist ein Vermächtnis, erst später fällig wird, bei der Jastrowschen Klausel erst mit dem Tod des länger lebenden Elternteils. In der Praxis bedeutet dies, dass der Anspruch auf das Vermächtnis bereits entsteht, aber die Auszahlung erst später erfolgt.
2. Erbschaftsteuerliche Behandlung des betagten Vermächtnisses
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 11. Oktober 2023 (Az. II R 34/20) klargestellt, wie ein solches betagtes Vermächtnis zu versteuern ist:
a) Keine Abzugsfähigkeit beim Erstversterbenden
Das betagte Vermächtnis kann beim Nachlass des erstversterbenden Ehegatten nicht als Nachlassverbindlichkeit in Abzug gebracht werden. Der Grund dafür liegt darin, dass das Vermächtnis zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig ist und somit keine wirtschaftliche Belastung darstellt, die den Nachlass schmälert.
b) Besteuerung beim Tod des Letztversterbenden
Das Vermächtnis wird erst beim Tod des überlebenden Ehegatten fällig und ist daher erst zu diesem Zeitpunkt steuerlich relevant. Die Kinder, die das Vermächtnis erhalten, müssen dieses als Erwerb von Todes wegen versteuern. Dabei gilt, dass das Vermächtnis als vom überlebenden Elternteil stammend betrachtet wird.
c) Anrechnung als Nachlassverbindlichkeit
Erhält das Kind, das Vermächtnisnehmer ist, zugleich auch einen Erbanteil beim Tod des überlebenden Elternteils, kann es das Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeit vom steuerpflichtigen Erwerb abziehen. Dies führt zu einer steuerlichen Entlastung, da die Steuerlast auf den ererbten Anteil gemindert wird.
3. Doppelbesteuerung und systemimmanente Regelungen
Ein häufiger Einwand ist, dass durch die Jastrowsche Klausel eine Doppelbesteuerung entstehen könnte, da das Vermächtnis zweimal steuerlich berücksichtigt wird – einmal beim Tod des Erstversterbenden und erneut beim Tod des Letztversterbenden. Der BFH stellte jedoch klar, dass es sich hierbei nicht um eine unzulässige Doppelbesteuerung handelt, sondern um eine systemimmanente Folge der gesetzlichen Regelungen.
a) Zwei unterschiedliche Erwerbsvorgänge
Es liegt keine Doppelbesteuerung im engeren Sinne vor, da es sich um zwei zeitlich nacheinander erfolgende Erwerbsvorgänge von unterschiedlichen Erblassern handelt. Der erste Erwerb betrifft den Nachlass des Erstversterbenden, der zweite den des Letztversterbenden.
b) Vermeidung durch Anrechnung
Die Anrechnung des Vermächtnisses als Nachlassverbindlichkeit beim Tod des Letztversterbenden stellt sicher, dass die Steuerlast insgesamt reduziert wird und eine angemessene Berücksichtigung der Vermögensübertragung erfolgt.