Ist die vom Erbe erteilte Auskunft über den Nachlass unvollständig, stehen dem Pflichtteilsberechtigten weitere Recht zu. Je nach Situation kann der Pflichtteilsberechtigte verlangen, dass der Erbe die Auskunft ergänzt, ihre Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides Statt versichert oder dass ein Notar das Nachlassverzeichnis aufnimmt.
Eidesstattliche Versicherung
Kann der Pflichtteilsberechtigte Anhaltspunkte dafür nachweisen, dass der Erbe das Nachlassverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt hat, kann er den Erben rechtlich zwingen, zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei (§ 260 Abs. 2 BGB).
Hierdurch gerät der Erbe unter Druck, vor Abgabe der eidesstattlichen Erklärung seine Angaben zu berichtigen und zu vervollständigen. Denn die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung ist gemäß § 156 Strafgesetzbuch strafbar und wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Auskunftsergänzung
Einen direkten Anspruch auf Ergänzung der Auskünfte kann der Pflichtteilsberechtigte durchsetzen, wenn er nachweisen kann, dass der Erbe ganze Teile des Nachlasses weggelassen hat.
Bei schwer einzuschätzenden Vermögensobjekten wie Unternehmen und Gesellschaftsbeteiligungen und bei Zuwendungen, deren Einordnung zweifelhaft ist, muss der Erbe alle Belege und Unterlagen vorlegen, die dem Pflichtteilsberechtigten eine eigene Beurteilung der Rechtslage ermöglichen (OLG München, Teilurteil vom 27.01.2014 – 19 U 3606/13).
Anspruch auf notarielles Nachlassverzeichnis
Genügt dem Pflichtteilsberechtigten die Auskunft des Erben nicht, kann er verlangen, dass der Erbe einen Notar beauftragt, das Nachlassverzeichnis zu erstellen. Dieser Anspruch besteht auch, wenn der Erbe zuvor schon selbst ein Nachlassverzeichnis erstellt hat.
Der Pflichtteilsberechtigte muss keinen Nachweis führen, dass das zuvor vom Erben erstellte Nachlassverzeichnis unvollständig oder falsch ist. Der Erbe kann die Notarkosten als Nachlassverbindlichkeit ansetzen, so dass der Pflichtteilsberechtigte in Höhe seiner Pflichtteilsquote mit den Kosten anteilig belastet wird. Reicht der Nachlass nicht aus, den Notar zu bezahlen, kann der Erbe das notarielle Nachlassverzeichnis verweigern.
Der Notar ist verpflichtet, das Nachlassverzeichnis in eigener Verantwortung zu erstellen. Er darf nicht „blind“ die Angaben des Erben übernehmen. Ergeben sich Zweifel, muss der Notar nachfragen. Darüber hinaus gehende Ermittlungen muss der Notar nur anstellen, wenn konkreter Anlass dazu besteht.
Anspruch auf Rechtsanwalt
Hat der Erbe schuldhaft versäumt, dem Pflichtteilsberechtigten fristgerecht die Auskünfte über den Nachlassbestand, den ehelichen Güterstand und lebzeitige Schenkungen richtig und vollständig zu erteilen, kann der Pflichtteilsberechtigte einen Rechtsanwalt einschalten und die Anwaltskosten vom Erben ersetzt verlangen.