OLG Brandenburg: Rückübertragungsanspruch an Grundstück ist vererblich

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 1. Oktober 2024 von Tobias Goldkamp

In einer wichtigen Entscheidung zur Vererblichkeit vertraglicher Ansprüche hat das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg im April 2024 einen Fall entschieden, in dem es um die Rückübertragung eines Grundstücks ging (Urteil vom 18. April 2024 – 5 U 188/22). Der Erblasser hatte in einem Grundstücksüberlassungsvertrag einen Rückübertragungsanspruch vereinbart. Das Gericht entschied, dass dieser Rückübertragungsanspruch nicht höchstpersönlich war und somit auf die Erben übergeht.

1. Sachverhalt

Im Jahr 2010 übertrug der Erblasser ein Grundstück per notariellem Kaufvertrag auf die Beklagte. In dem Vertrag wurde ein Veräußerungs- und Belastungsverbot vereinbart. Die Beklagte verpflichtete sich, das Grundstück weder zu veräußern noch zu belasten, es sei denn, der Erblasser gab seine Zustimmung. Bei einem Verstoß gegen diese Regelung sollte das Grundstück zurückübertragen werden.

Die Beklagte veräußerte das Grundstück im September 2018 ohne Zustimmung des Erblassers für 95.000 Euro. Nach dem Tod des Erblassers verlangte dessen Lebensgefährtin und Alleinerbin die Rückübertragung des Grundstücks, hilfsweise Schadensersatz in Höhe des Verkaufserlöses. Die Beklagte weigerte sich, das Grundstück zurückzugeben oder Schadensersatz zu leisten, woraufhin die Erbin klagte.

Das Landgericht Potsdam verurteilte die Beklagte in erster Instanz zur Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 95.000 Euro. Hiergegen legte die Beklagte Berufung ein, die jedoch vom OLG Brandenburg abgewiesen wurde.

2. Vererblichkeit des Rückübertragungsanspruchs

Im Zentrum des Streits stand die Frage, ob der Rückübertragungsanspruch, den der Erblasser gegen die Beklagte hatte, vererblich war oder ob er als höchstpersönlicher Anspruch mit dem Tod des Erblassers erloschen war.

a) Vertragsauslegung und Vererblichkeit

Das OLG Brandenburg stellte fest, dass der Rückübertragungsanspruch aus dem Grundstücksüberlassungsvertrag im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erbin übergegangen ist. Ein solcher Anspruch sei nicht höchstpersönlich, da er auf einem vertraglichen Verhältnis beruhe und keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Vertragsparteien einen Ausschluss der Vererblichkeit beabsichtigt hatten. Der Vertrag enthielt keine Regelung, wonach der Anspruch mit dem Tod des Erblassers erlöschen sollte.

Das Gericht wies darauf hin, dass die Vererblichkeit eines vertraglichen Anspruchs die Regel ist, es sei denn, die Natur des Rechts oder der Wille der Vertragsparteien spreche dagegen. Da der Rückübertragungsanspruch dazu diente, das Grundstück im Falle einer unrechtmäßigen Veräußerung zurückzuerlangen, ging der Anspruch nach dem Tod des Erblassers auf seine Erben über.

b) Kein höchstpersönlicher Anspruch

Die Beklagte argumentierte, dass der Rückübertragungsanspruch aufgrund der persönlichen Beziehung zwischen dem Erblasser und der Beklagten nicht vererblich sei. Das Gericht wies diese Argumentation zurück und betonte, dass es sich um einen vertraglich geregelten Anspruch handelte, der keine höchstpersönlichen Elemente enthielt. Das Veräußerungsverbot diente in erster Linie dazu, den wirtschaftlichen Wert des Grundstücks zu sichern und war nicht ausschließlich an die Person des Erblassers gebunden.

3. Anspruch auf Schadensersatz

Da die Rückübertragung des Grundstücks nicht mehr möglich war, weil es an einen Dritten veräußert wurde, verpflichtete das Gericht die Beklagte zur Herausgabe des Verkaufserlöses gemäß § 285 Abs. 1 BGB. Die Beklagte musste den erhaltenen Kaufpreis in Höhe von 95.000 Euro an die Erbin herausgeben, da der Rückübertragungsanspruch durch die Veräußerung des Grundstücks unmöglich geworden war.

Das OLG stellte fest, dass der Verkauf des Grundstücks ohne Zustimmung des Erblassers gegen die Vertragsvereinbarung verstieß, was die Grundlage für den Schadensersatzanspruch der Erbin bildete.

4. Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung des OLG Brandenburg verdeutlicht, dass vertragliche Ansprüche auf Rückübertragung eines Grundstücks in der Regel vererblich sind, sofern keine ausdrückliche gegenteilige Vereinbarung getroffen wurde. Der Rückübertragungsanspruch ging im Wege der Erbfolge auf die Alleinerbin über, da kein höchstpersönlicher Charakter des Anspruchs vorlag. Diese Entscheidung bestätigt die allgemeine Regel, dass vertragliche Ansprüche vererblich sind, es sei denn, der Vertrag sieht etwas anderes vor.

Fazit

Das Urteil des OLG Brandenburg klärt wichtige Fragen zur Vererblichkeit von vertraglichen Rückübertragungsansprüchen bei Grundstücksüberlassungen. Unsere Kanzlei steht Ihnen zur Seite, um Ihre Ansprüche im Erbrecht durchzusetzen und Sie bei der Auslegung vertraglicher Vereinbarungen zu unterstützen.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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