OLG München zum Beweis von Echtheit und Testierunfähigkeit

In der Entscheidung des OLG München vom 12. August 2024 (Az. 33 Wx 294/23) wurde eine Beschwerde gegen die Ankündigung des Nachlassgerichts verhandelt, einen Alleinerbschein zu erteilen. Streitpunkte waren die Fragen, ob das Testament des Erblasser zugunsten seiner Schwester echt ist und der Erblasser testierfähig war. Beides wurde von der Ehefrau des Erblassers und seiner Tochter angezweifelt. Die Entscheidung des Gerichts beleuchtet wichtige Aspekte des Erbscheinsverfahrens, insbesondere Beweisfragen der Eigenhändigkeit von Testamenten und der Testierfähigkeit des Erblassers.

1. Sachverhalt

Der Erblasser verfasste am 10. Juni 2021 ein handschriftliches Testament, in dem er seine Schwester als Alleinerbin einsetzte. Seine Ehefrau und die Tochter aus erster Ehe bestritten sowohl die Eigenhändigkeit des Testaments als auch die Testierfähigkeit des Erblassers aufgrund einer schwerwiegenden Hirnerkrankung. Das Nachlassgericht wollte dennoch den Alleinerbschein erteilen, wogegen die Ehefrau Beschwerde einlegte.

2. Beweisaufnahme und Gutachten zur Eigenhändigkeit

Das Nachlassgericht beauftragte ein schriftliches Sachverständigengutachten zur Überprüfung der Eigenhändigkeit des Testaments. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Erblasser selbst verfasst wurde. Das OLG München bestätigte dieses Ergebnis und stellte fest, dass keine absolute Gewissheit erforderlich sei, sondern ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifel ausschließt, ohne sie völlig zu beseitigen, zur Beweisführung ausreicht.

Feststellungslast bei der Erbeinsetzung

Das Gericht betonte, dass die Schwester des Erblassers als Antragstellerin für den Erbschein die Feststellungslast für die Echtheit des Testaments trägt, also den Nachweis erbringen muss, dass das Testament von ihrem Bruder stammt. Dies gelang ihr durch das Gutachten des Sachverständigen, das vom OLG als überzeugend und nachvollziehbar bewertet wurde.

3. Testierfähigkeit des Erblassers

Ein weiterer zentraler Punkt war die Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Der Erblasser litt an einem Glioblastom, einer schweren Hirnerkrankung, die potenziell seine geistigen Fähigkeiten beeinträchtigen konnte. Das OLG München stellte jedoch fest, dass trotz der Erkrankung keine Anzeichen dafür vorlagen, dass der Erblasser nicht in der Lage gewesen wäre, den Inhalt seiner letztwilligen Verfügung zu verstehen und nach freiem Willen zu handeln.

Gutachterliche Überprüfung der Testierfähigkeit

Das Gericht stützte sich auf ein medizinisches Gutachten, das feststellte, dass die Erkrankung zwar eine potenzielle Gefahr für die geistige Leistungsfähigkeit darstellte, im konkreten Fall jedoch keine Hinweise auf eine tatsächliche Beeinträchtigung der Willensbildung und Entscheidungsfähigkeit vorlagen. Das Gericht bestätigte daher die Testierfähigkeit des Erblassers.

Für die Behauptung, der Erblasser sei testierunfähig gewesen, trugen die Ehefrau und die Tochter die Beweislast, da das Gesetz von der Testierfähigkeit als Normalfall ausgeht und die Testierunfähigkeit als Ausnahme ansieht. Wer sich auf diese Ausnahme berufen will, muss die Voraussetzungen beweisen. In diesem Fall gelang dieser Beweis nicht.

4. Fazit

Die Entscheidung des OLG München unterstreicht die Bedeutung der Beweisaufnahme in Erbscheinsverfahren, insbesondere bei der Überprüfung der Eigenhändigkeit und Testierfähigkeit des Erblassers.

5. Unterstützung durch unsere Kanzlei

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