OLG München zur Enterbung für den Fall der Eheschließung mit einer bestimmten Person

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 26. September 2024 von Tobias Goldkamp

Der 33. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat am 23. September 2024 einen wichtigen Beschluss im Erbrecht gefasst (Az. 33 Wx 325/23), der die Grenzen der Testierfreiheit und die Frage der Sittenwidrigkeit von Enterbungsklauseln in Testamenten thematisiert. Konkret ging es um die Enterbung eines Sohnes des Erblassers für den Fall, dass dieser eine bestimmte Person heiratet.

Hintergrund: Testamentarische Enterbung wegen Eheschließung

Der Erblasser, der in dritter Ehe verheiratet war, setzte in einem handschriftlichen Testament seine beiden Söhne aus früheren Ehen zu jeweils gleichen Teilen als Erben ein. Allerdings enthielt das Testament eine besondere Klausel: Sollte der eine Sohn seine Lebensgefährtin heiraten, würde er enterbt. Diese Klausel wurde zum Streitpunkt, als die Heirat tatsächlich stattfand. Der Enterbte focht die Wirksamkeit der Klausel mit der Begründung an, sie sei sittenwidrig und verstoße gegen seine grundrechtlich geschützte Eheschließungsfreiheit.

Rechtliche Würdigung des OLG München

Das Oberlandesgericht musste klären, ob die Bedingung im Testament gegen die guten Sitten verstößt und daher unwirksam ist. Hierbei waren insbesondere zwei Grundrechte gegeneinander abzuwägen: die Eheschließungsfreiheit des Sohnes gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes und die Testierfreiheit des Erblassers gemäß Artikel 14.

Der Senat entschied, dass die Klausel im vorliegenden Fall nicht sittenwidrig sei. Trotz der Heirat des Sohnes und des damit verbundenen Ausschlusses von der Erbfolge überwiege die Testierfreiheit des Erblassers. Die Begründung: Der Sohn war sich der Klausel bewusst und entschied sich dennoch, seine Lebensgefährtin zu heiraten, wodurch er auch mit den Folgen dieser Entscheidung rechnen musste. Der wirtschaftliche Druck, der durch die Klausel ausgeübt wurde, sei im konkreten Fall nicht unzumutbar gewesen, da der Sohn weiterhin pflichtteilsberechtigt bleibe.

Testierfreiheit und Sittenwidrigkeit im Erbrecht

Die Entscheidung des OLG München verdeutlicht den Umfang der Testierfreiheit. Bedingungen, die auf das Verhalten des Erben abzielen, sind nicht per se sittenwidrig, sondern müssen immer im Einzelfall bewertet werden. Eine Klausel, die den Erben unter Druck setzt, etwa durch das Verbot, eine bestimmte Person zu heiraten, kann dann zulässig sein, wenn die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Betroffenen nicht unzumutbar beeinträchtigt werden.

Das Gericht hat jedoch auch klargestellt, dass diese Entscheidung nicht allgemeingültig auf alle Enterbungsklauseln angewendet werden kann. Es sei stets eine Abwägung der Interessen des Erblassers und des Erben vorzunehmen.

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Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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