Schenkung an den Bevollmächtigten?

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 18. Februar 2025 von Tobias Goldkamp

Ein Vorsorgebevollmächtigter hat weitreichende Befugnisse, insbesondere wenn die Vollmacht auch die Vermögenssorge umfasst. Doch was passiert, wenn der Bevollmächtigte nach dem Tod des Erblassers erhebliche Geldbeträge nicht an die Erben herausgibt und sich auf eine Schenkung beruft? Das OLG Brandenburg (Urteil vom 15.10.2024 – 3 U 149/22) entschied, dass der Bevollmächtigte in einem solchen Fall die Herausgabe des Geldes schuldet, sofern er die behauptete Schenkung nicht beweisen kann.

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Der Fall: Verkauf eines Grundstücks und umstrittene Schenkung

Die Erblasserin hatte ihrer Schwester bereits 2013 eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt, die auch eine Kontovollmacht umfasste. Kurz vor ihrem Tod beauftragte sie diese zusätzlich mit der Veräußerung ihrer Immobilie. Der Verkaufserlös von 150.000 Euro wurde auf das Konto der Bevollmächtigten überwiesen.

Nach dem Tod der Erblasserin forderten die Erben die Herausgabe des Geldes, da die Bevollmächtigte dazu verpflichtet sei, sämtliche Gelder, die sie im Rahmen des Auftrags erhalten habe, an die Erbengemeinschaft weiterzuleiten. Die Bevollmächtigte verweigerte dies mit der Begründung, dass ihr der Betrag von der Erblasserin geschenkt worden sei.

Entscheidung des OLG Brandenburg: Keine Schenkung – Pflicht zur Herausgabe

Das OLG Brandenburg wies die Argumentation der Bevollmächtigten zurück und entschied, dass sie das Geld an die Erben herausgeben muss.

1. Keine wirksame Schenkung mangels notarieller Beurkundung

Ein Schenkungsversprechen bedarf nach § 518 Abs. 1 BGB grundsätzlich der notariellen Beurkundung, sofern es nicht sofort vollzogen wird. Da eine solche Beurkundung nicht vorlag, konnte eine wirksame Schenkung nur dann angenommen werden, wenn die Schenkung tatsächlich vollzogen wurde.

Das OLG Brandenburg stellte fest, dass der Beweis für einen unmittelbaren Schenkungsvollzug nicht erbracht wurde. Vielmehr habe die Erblasserin ausdrücklich verfügt, dass das Geld erst nach ihrem Tod an die Bevollmächtigte gehen sollte. Damit handelte es sich nicht um eine Schenkung unter Lebenden, sondern um eine Schenkung auf den Todesfall, die den strengen erbrechtlichen Formvorschriften unterliegt.

2. Der Bevollmächtigte trägt die Beweislast für eine behauptete Schenkung

Da die Bevollmächtigte sich auf eine Schenkung berief, hätte sie nachweisen müssen, dass das Geld ihr tatsächlich zu Lebzeiten der Erblasserin endgültig zugewendet wurde. Dies gelang ihr nicht, da die Zeugenaussagen widersprüchlich waren.

Das Gericht betonte, dass im Auftragsrecht der Beauftragte grundsätzlich die ordnungsgemäße Verwendung der ihm anvertrauten Gelder darlegen und beweisen muss. Da dies nicht geschehen sei, sei der gesamte Betrag an die Erbengemeinschaft herauszugeben.

3. Keine Schutzwirkung durch § 242 BGB (Treu und Glauben)

Die Bevollmächtigte argumentierte, dass sie über Jahre hinweg das Vermögen der Erblasserin verwaltet habe und diese niemals eine Rechnungslegung verlangt habe. Sie berief sich darauf, dass ein Erbe nicht nachträglich Auskunft und Herausgabe verlangen könne, wenn der Erblasser dies zu Lebzeiten nie eingefordert habe.

Das OLG Brandenburg erkannte zwar an, dass in besonderen Fällen eine nachträgliche Rechnungslegung rechtsmissbräuchlich sein könne. Allerdings könne sich der Beauftragte nicht auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) berufen, wenn Tatsachen vorliegen, die Zweifel an der ordnungsgemäßen Geschäftsführung begründen. Solche Zweifel ergaben sich hier aus auffälligen Bargeldabhebungen und Überweisungen kurz vor dem Tod der Erblasserin, die nicht plausibel erklärt werden konnten.

Fazit: Vorsorgebevollmächtigte müssen sich an Treuepflichten halten

Die Entscheidung zeigt, dass Vorsorgebevollmächtigte nicht einfach über Nachlassvermögen verfügen dürfen und sich nicht auf eine vermeintliche Schenkung berufen können, wenn sie diese nicht eindeutig nachweisen können.

Wichtige Lehren aus dem Urteil:

  • Geldbewegungen durch Bevollmächtigte müssen nachweisbar und rechtmäßig sein.
  • Eine behauptete Schenkung muss bewiesen werden – andernfalls bleibt der Herausgabeanspruch bestehen.
  • Treu und Glauben schützt einen Bevollmächtigten nicht, wenn begründete Zweifel an seiner Geschäftsführung bestehen.

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Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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