Wie wirken sich Schenkungen auf den Pflichtteil aus?

Tobias Goldkamp

Veröffentlicht am 28. September 2024 von Tobias Goldkamp

Themen: Erbrechtliche Ansprüche

Die Pflichtteilsergänzung ist ein wichtiger Mechanismus im Erbrecht, der sicherstellt, dass Pflichtteilsberechtigte auch dann ihren Anspruch erhalten, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Teile seines Vermögens verschenkt hat. In diesem Artikel erfahren Sie, wie der Pflichtteilsergänzungsanspruch funktioniert und welche Schenkungen berücksichtigt werden.

Was ist die Pflichtteilsergänzung?

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch schützt Pflichtteilsberechtigte vor Benachteiligungen, die entstehen könnten, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen vorgenommen hat, die den Nachlass erheblich reduzieren. Der Anspruch stellt sicher, dass der Pflichtteilsberechtigte eine Mindestbeteiligung am wirtschaftlichen Wert des Nachlasses erhält, der auch Schenkungen der letzten zehn Jahre umfasst.

Wann entsteht ein Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch entsteht, wenn der Erblasser innerhalb der letzten zehn Jahre vor seinem Tod Schenkungen vorgenommen hat. Dabei wird der Wert der Schenkungen dem Nachlass fiktiv hinzugerechnet, um den Pflichtteil zu berechnen. Dies bedeutet, dass auch Vermögenswerte, die der Erblasser verschenkt hat, in die Berechnung des Pflichtteils einfließen.

Die Zehnjahresfrist

Die Zehnjahresfrist spielt eine entscheidende Rolle bei der Pflichtteilsergänzung. Schenkungen, die mehr als zehn Jahre vor dem Erbfall erfolgt sind, bleiben unberücksichtigt. Für Schenkungen innerhalb der Zehnjahresfrist gilt eine abgestufte Regelung: Im ersten Jahr vor dem Erbfall wird der volle Wert der Schenkung angerechnet, in den folgenden Jahren jeweils um ein Zehntel weniger.

Eine Ausnahme gilt für Schenkungen an den Ehegatten des Erblassers. Hier beginnt die Zehnjahresfrist erst mit der Auflösung der Ehe durch Scheidung oder Tod, sodass Schenkungen an den Ehegatten unter Umständen auch nach vielen Jahren noch berücksichtigt werden.

Eine weitere Ausnahme gilt, wenn sich der Erblasser an dem Geschenk Rechte vorbehalten hat, z.B. ein Wohnungsrecht oder Nießbrauchsrecht an Grundbesitz, oder das Geschenk weiter nutzt. In einem solchen Fall läuft die Zehnjahresfrist erst an, wenn der Erblasser den geschenkten Gegenstand bei wirtschaftlicher Betrachtung wirklich aus der Hand gegeben hat. Andererseits ist die Belastung in Gestalt des Vorbehalts bei der Ermittlung des Schenkungswerts abzuziehen, denn ein unbelasteter Grundbesitz ist mehr wert als der Grundbesitz mit der Belastung bei der Schenkung wert war.

Bewertung von Schenkungen

Bei der Pflichtteilsergänzung wird zwischen verbrauchbaren und nicht verbrauchbaren Sachen unterschieden. Verbrauchbare Sachen wie Geld oder Wertpapiere werden mit ihrem Wert im Zeitpunkt der Schenkung angesetzt. Bei nicht verbrauchbaren Sachen, wie Immobilien, werden die Werte im Zeitpunkt der Schenkung und im Zeitpunkt des Erbfalls verglichen. Der niedrigere von beiden Werten zählt (sogenanntes Niederstwertprinzip).

Auswirkungen auf den Pflichtteil

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist als Geldforderung ausgestaltet. Der Pflichtteilsberechtigte kann den Betrag verlangen, um den sich sein Pflichtteil erhöht, wenn der Wert der Schenkung dem Nachlass hinzugerechnet wird. Dies führt dazu, dass der Erbe verpflichtet ist, dem Pflichtteilsberechtigten den entsprechenden Betrag auszuzahlen.

Fazit

Die Pflichtteilsergänzung stellt sicher, dass Pflichtteilsberechtigte trotz Schenkungen des Erblassers ihren Anspruch auf eine Mindestbeteiligung am Nachlass wahren können. Es ist wichtig, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um die eigenen Ansprüche zu sichern und durchzusetzen.

Unsere Kanzlei steht Ihnen zur Seite, wenn es um die Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen oder die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs geht. Wir beraten Sie umfassend und setzen Ihre Rechte durch.

Tobias Goldkamp

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131-718190

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