Vollmachten spielen eine zentrale Rolle in der Nachlassverwaltung und Vermögensplanung. Doch was geschieht mit einer Vollmacht nach dem Tod des Vollmachtgebers? Das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg hat in seinem Beschluss vom 26. Juni 2023 (Az.: 10 Wx 11/23) klargestellt, dass eine Vollmacht grundsätzlich über den Tod hinaus gilt, sofern nichts anderes geregelt ist. Eine über den Tod hinaus geltende Vollmacht wird transmortale Vollmacht genannt.

Der Fall
Ein Erblasser hatte einer nahestehenden Person eine notariell beurkundete Generalvollmacht erteilt. Die Vollmacht war insbesondere als Betreuungsvollmacht zur Vermeidung einer gerichtlichen Betreuerbestellung vorgesehen. Nach dem Tod des Erblassers beantragte die Bevollmächtigte die Umschreibung von Grundbesitz im Grundbuch. Das Grundbuchamt lehnte den Antrag ab, da es davon ausging, dass die Vollmacht mit dem Tod des Erblassers erloschen sei. Die Bevollmächtigte legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein.
Entscheidung des OLG Bamberg
Das OLG Bamberg hob die Entscheidung des Grundbuchamts auf und entschied zugunsten der Bevollmächtigten. Die zentralen Erwägungen des Gerichts:
- Vollmachten gelten grundsätzlich über den Tod hinaus
- Nach dem gesetzlichen Leitbild endet eine Vollmacht nicht automatisch mit dem Tod des Vollmachtgebers.
- Das Gesetz geht vielmehr von einem Fortbestand des Auftragsverhältnisses über den Tod hinaus aus (§ 672 Satz 1 BGB).
- Der Bevollmächtigte vertritt dann die Erben in den Grenzen des Nachlasses.
- Fehlende ausdrückliche Beschränkung
- Die Vollmachtsurkunde enthielt keine Klausel, die die Geltung der Vollmacht auf die Lebenszeit des Vollmachtgebers begrenzte.
- Da eine solche Einschränkung nicht vorgenommen wurde, ging das Gericht von einer transmortalen Vollmacht aus.
- Formulierung als Betreuungsvollmacht spricht nicht gegen die Fortgeltung
- Die Vollmacht war ausdrücklich so gestaltet, dass sie auch bei Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers nicht erlischt.
- Daraus leitete das Gericht ein Vertrauensverhältnis des Vollmachtgebers in die Bevollmächtigte ab, das auch über den Tod hinaus Bestand haben sollte.
- Widerrufsmöglichkeit der Erben
- Da die Vollmacht jederzeit widerrufbar war, konnten die Erben sie nach dem Tod des Vollmachtgebers aufheben.
- Unmittelbare Wirksamkeit im Außenverhältnis
- Die Vollmacht war so formuliert, dass sie sofort im Außenverhältnis galt.
- Das Grundbuchamt hätte sich daher nicht auf einen automatischen Erlöschenstatbestand berufen dürfen.
Weiterer Aspekt: Befristung nimmt Vollmacht die Verkehrsfähigkeit
Gegen eine Befristung einer Vollmacht auf die Lebenszeit spricht, dass der Bevollmächtigte dann bei jedem Geschäft dem Geschäftspartner nachweisen müsste, dass der Vollmachtgeber aktuell, also in dieser Sekunde, noch lebt. Das ist praktisch unmöglich und würde einer Vollmacht die Verkehrsfähigkeit nehmen, d.h. die praktische Gebrauchstauglichkeit für den Rechtsverkehr.
Bedeutung der Entscheidung
Die Entscheidung des OLG Bamberg bestätigt, dass eine Vollmacht auch nach dem Tod des Vollmachtgebers weiterbesteht, wenn sie keine Befristung enthält. Dies ist für Nachlassabwicklungen von großer praktischer Bedeutung, da Bevollmächtigte handlungsfähig bleiben ohne eine Erbenstellung nachweisen zu müssen.
Fazit
Wer eine Vollmacht erteilt oder nutzt, sollte die Reichweite und mögliche Beschränkungen klar regeln. Unsere Kanzlei unterstützt Sie bei der Gestaltung rechtssicherer Vollmachten und berät Sie in erbrechtlichen Fragen. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung!