Was ist eine Abschichtung und wie funktioniert sie?

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 10. September 2024 von Tobias Goldkamp

Die Abschichtung ist ein Begriff aus dem Erbrecht. Sie ermöglicht es einem Miterben, aus der Erbengemeinschaft auszuscheiden, ohne dass eine vollständige Teilung des Nachlasses erforderlich ist. In diesem Artikel erklären wir, was die Abschichtung genau bedeutet, wie sie abläuft und welche rechtlichen Besonderheiten es zu beachten gibt.

Was ist die Abschichtung?

Die Abschichtung erlaubt einem Miterben, seine Rechte an der Erbengemeinschaft aufzugeben und im Gegenzug eine Abfindung von den verbleibenden Miterben zu erhalten. Anders als bei der herkömmlichen Erbauseinandersetzung, bei der der Nachlass unter den Erben aufgeteilt wird, wächst der Erbteil des ausscheidenden Miterben den verbleibenden Erben automatisch zu.

Dies bedeutet, dass der ausscheidende Miterbe nicht mehr an der Verwaltung oder an Entscheidungen der Erbengemeinschaft beteiligt ist, während der Anteil der übrigen Miterben am Nachlassvermögen wächst.

Bleibt nur noch ein Miterbe übrig, wird er automatisch Alleineigentümer und die Erbengemeinschaft ist aufgelöst.

Beispiel

Der Ehemann stirbt und hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder. Ein Testament hat er nicht errichtet, so dass gesetzliche Erbfolge greift: Die Ehefrau erbt zu 1/2-Anteil, die beiden Kinder erben zu je 1/4-Anteil. Damit besteht eine Erbengemeinschaft. Der Ehemann hinterlässt ein Hausgrundstück, das in seinem Alleineigentum stand.

Die Erbengemeinschaft möchte erreichen, dass nun die Ehefrau Alleineigentümerin wird und die beiden Kinder eine Geldabfindung erhalten.

Dazu können sie eine Abschichtungsvereinbarung schließen, wonach die beiden Kinder aus der Erbengemeinschaft ausscheiden und dafür von der Ehefrau die Geldabfindung gezahlt bekommen.

Wie funktioniert die Abschichtung?

Der Prozess der Abschichtung erfolgt durch einen Vertrag, die sogenannte Abschichtungsvereinbarung, die zwischen den ausscheidenden und den verbleibenden Miterben geschlossen wird. Diese Vereinbarung kann formlos erfolgen, selbst wenn zum Nachlass Grundbesitz gehört. Zwar ist gegenüber dem Grundbuchamt ein Nachweis in notariell beglaubigter Form nötig. Die notarielle Beglaubigung ist jedoch wesentlich kostengünstiger als eine notarielle Beurkundung.

Vorteile der Abschichtung

Die Abschichtung bietet mehrere Vorteile:

  1. Schnelligkeit und Einfachheit: Da keine vollständige Teilung des Nachlasses notwendig ist, kann die Abschichtung schnell und ohne aufwendige Auseinandersetzungsverfahren durchgeführt werden.
  2. Vermeidung von Streitigkeiten: Durch die klare Regelung des Ausscheidens und die Zahlung einer Abfindung können Konflikte zwischen den Erben minimiert werden.
  3. Flexibilität: Die Abschichtung ermöglicht es, den Nachlass in der Erbengemeinschaft zu belassen, während ein oder mehrere Miterben aus der Gemeinschaft ausscheiden.
  4. Kosten sparen: Die Abschichtung ist bei einer Immobilie kostengünstiger als ein notariell beurkundeter Erbauseinandersetzungsvertrag.

Rechtliche Besonderheiten

Obwohl die Abschichtung formlos erfolgen kann, sollte sie gut durchdacht und vertraglich klar geregelt sein. Wichtig sind insbesondere Regelungen zur Abfindung und zur Haftung.

Für Profis

Juristinnen und Juristen können weitergehende Informationen in meinem Fachaufsatz „Abschichtungsvereinbarung: Muster mit Anmerkungen“ nachlesen, veröffentlicht in ErbR 2022, 980 und abrufbar bei beck-online.

Fazit

Die Abschichtung ist eine praktische Möglichkeit, eine Erbengemeinschaft zu vereinfachen und Konflikte zu vermeiden. Sie sollte jedoch mit Bedacht durchgeführt werden, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden. Unsere Kanzlei unterstützt Sie gerne bei der Gestaltung und Umsetzung einer Abschichtungsvereinbarung und steht Ihnen mit rechtlichem Rat zur Seite, um sicherzustellen, dass Ihre Interessen gewahrt bleiben.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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