Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat am 8. November 2023 (Az.: I-24 W 49/23) eine wegweisende Entscheidung zu den Anforderungen an die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses getroffen. Diese Entscheidung klärt, unter welchen Bedingungen ein Nachlassverzeichnis als erfüllt gilt und welche Pflichten ein Notar bei der Erstellung hat.
Hintergrund des Falls
Im zugrundeliegenden Fall forderte ein Pflichtteilsberechtigter ein detailliertes notarielles Nachlassverzeichnis vom Erben, um den Pflichtteil korrekt berechnen zu können. Der Erbe hatte dem Notar jedoch nur unvollständige und unzureichende Informationen zur Verfügung gestellt, was zur Unzufriedenheit des Pflichtteilsberechtigten führte.
Der Pflichtteilsberechtigte beantragte daraufhin die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Erben, um die ordnungsgemäße Erstellung des Verzeichnisses zu erzwingen. Das Landgericht Köln hatte bereits ein Zwangsgeld festgesetzt, woraufhin der Erbe Beschwerde beim OLG Köln einlegte.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts
Das OLG Köln wies die Beschwerde des Erben zurück und bestätigte die Festsetzung des Zwangsgeldes. Die wesentlichen Punkte der Entscheidung umfassen:
Unvollständiges Nachlassverzeichnis
- Erfüllung der Auskunftspflicht: Das Gericht stellte fest, dass das vorgelegte Nachlassverzeichnis den Anforderungen nicht genügte, da es keine vollständige und transparente Auflistung der Nachlassgegenstände enthielt. Ein Nachlassverzeichnis muss alle Vermögenswerte und Schulden des Erblassers detailliert aufführen und eine geordnete, nachprüfbare Zusammenstellung bieten.
- Pflichten des Notars: Der Notar ist verpflichtet, den Nachlass selbstständig und umfassend zu ermitteln. Dazu gehört, dass er über die Angaben des Erben hinaus eigene Nachforschungen anstellt, um sicherzustellen, dass das Verzeichnis vollständig ist. Der Notar darf sich nicht darauf beschränken, die Angaben des Erben unkritisch zu übernehmen.
- Erforderliche Nachforschungen: Das OLG betonte, dass der Notar bei der Erstellung des Verzeichnisses objektiv erforderliche Nachforschungen anstellen muss, wie etwa die Prüfung von Kontobewegungen und die Einholung von Informationen über mögliche weitere Vermögenswerte, die der Erbe nicht angegeben hat.
Fazit
Diese Entscheidung des OLG Köln unterstreicht die hohen Anforderungen an die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses und die umfassenden Pflichten des Notars bei der Ermittlung des Nachlassbestandes. Erben und Notare sollten sicherstellen, dass alle Nachlassgegenstände vollständig und korrekt aufgeführt sind, um Zwangsmaßnahmen zu vermeiden.
Unsere Kanzlei steht Ihnen bei Fragen zur Pflichtteilsberechnung und zur Erstellung notarieller Nachlassverzeichnisse gerne zur Verfügung.