Kein Gutglaubensschutz durch Eröffnungsniederschrift mit Verfügung von Todes wegen

Tobias Goldkamp

Veröffentlicht am 5. Oktober 2024 von Tobias Goldkamp

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Beschluss vom 19. Oktober 2023 (Az. V ZB 8/23) klargestellt, unter welchen Voraussetzungen ein Testamentsvollstrecker seine Verfügungsbefugnis gegenüber dem Grundbuchamt nachweisen muss. Diese Entscheidung ist besonders relevant für die Praxis, da sie die Anforderungen an die Vorlage von Dokumenten durch den Testamentsvollstrecker bei der Durchführung von Rechtsänderungen an Nachlassgrundstücken präzisiert. Vor allem aber verdeutlicht die Entscheidung: Legitimiert sich der Verkäufer durch eine Eröffnungsniederschrift nebst eröffnetem notariellen Testament oder Erbvertrag, ist der gute Glaube des Käufers ungeschützt.

1. Hintergrund des Falls

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Erblasserin ihren Bruder zum Testamentsvollstrecker bestimmt und gleichzeitig ihre drei Kinder als Erbinnen eingesetzt. Nach dem Tod der Erblasserin wurde die Testamentsvollstreckung in Abteilung II des Grundbuchblatts vermerkt. Der Testamentsvollstrecker veräußerte daraufhin ein zum Nachlass gehörendes Grundstück. Im Zuge des Verkaufs beantragte der Notar die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch auf den Käufer. Das Grundbuchamt verlangte jedoch die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, da Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin bei Errichtung des Testaments aufgekommen waren.

2. Kernaussagen des Gerichts

a) Nachweispflicht des Testamentsvollstreckers

Der BGH stellte fest, dass das Grundbuchamt berechtigt ist, zum Nachweis der Verfügungsbefugnis eines Testamentsvollstreckers ein Testamentsvollstreckerzeugnis zu verlangen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments bestehen, die nicht ohne weitere Ermittlungen durch das Nachlassgericht geklärt werden können.

b) Eingeschränkte Bedeutung des Testamentsvollstreckervermerks

Der Beschluss verdeutlicht, dass der im Grundbuch eingetragene Testamentsvollstreckervermerk keine positive Publizität hinsichtlich der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers vermittelt. Der Vermerk dient lediglich dazu, Dritte darauf hinzuweisen, dass die Erben in ihrer Verfügungsbefugnis beschränkt sind. Er ist jedoch nicht geeignet, gegenüber dem Grundbuchamt den Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers zu erbringen.

c) Erforderlichkeit weiterer Nachweise bei Zweifeln

Das Grundbuchamt ist berechtigt und verpflichtet, die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses zu verlangen, wenn konkrete Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments bestehen. Diese Zweifel können insbesondere dann entstehen, wenn Anhaltspunkte für die Testierunfähigkeit des Erblassers vorliegen, die einer Klärung durch das Nachlassgericht bedürfen.

3. Praxisrelevanz

a) Erhöhte Anforderungen an den Nachweis

Testamentsvollstrecker sollten darauf vorbereitet sein, dass ihre Verfügungsbefugnis nicht allein durch den Grundbucheintrag nachgewiesen werden kann. Insbesondere in Fällen, in denen die Wirksamkeit des Testaments angefochten wird oder Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers bestehen, müssen sie damit rechnen, dass ein Testamentsvollstreckerzeugnis erforderlich ist.

b) Risiken bei Geschäften aufgrund Eröffnungsniederschrift

Gesetz und Rechtsprechung lassen in bestimmten Fällen zu, dass ein Erbe oder Testamentsvollstrecker seine Verfügungsbefugnis mittels Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Eröffnungsniederschrift mit den eröffneten Verfügungen von Todes wegen nachweist.

Jedoch ist der gute Glaube in die Wirksamkeit dieser Verfügungen ungeschützt.

Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Verfügungen unwirksam sind, kann dies zu erheblichen Problemen führen. Beispielsweise kann es dazu kommen, dass der Grundstückskäufer den Kaufpreis gezahlt hat und anschließend dennoch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird.

Auch eine Vormerkung bietet vor diesem Risiko keinen Schutz.

Der gute Glaube ist nur geschützt, wenn entweder der Erbe als Eigentümer im Grundbuch voreingetragen ist oder wenn ein Erbschein, Testamentsvollstreckerzeugnis oder Europäisches Nachlasszeugnis vorgelegt werden.

Für Profis

Weitere Einzelheiten und rechtliche Hintergründe sind nachzulesen in meiner Besprechung der Entscheidung bei juris, jurisPR-FamR 5/2024 Anm. 1.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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