Das OLG Hamm hat in seinem Beschluss vom 7. November 2023 (Az. 10 W 61/23) entschieden, dass ein Erbvertrag, der gegen das Wohn- und Teilhabegesetz Nordrhein-Westfalen (WTG NRW) verstößt, gemäß § 134 BGB nichtig ist.
Nach dem WTG NRW gilt: Wer
- älteren Menschen,
- pflegebedürftigen Menschen oder
- Menschen mit Behinderungen
anbietet, diesen
- Wohnleistungen,
- Betreuungsleistungen oder
- Leistungen zur Teilhabe an Arbeit als Werkstatt für behinderte Menschen
zu erbringen, darf sich von diesen keine Geldleistungen oder geldwerte Leistungen über das vereinbarte Entgelt hinaus versprechen lassen.
Das gilt auch für Beschäftigte solcher Anbieter.
Die Entscheidung des OLG Hamm verdeutlicht die Auswirkungen von gesetzlichen Verboten auf Verfügungen von Todes wegen, insbesondere im Kontext der Pflege- und Betreuungseinrichtungen:
1. Sachverhalt
Der Erblasser hatte einen Erbvertrag abgeschlossen, in dem er seinen Fahrer, der ihn im Rahmen eines Pflegedienstes zu einer Tagespflegeeinrichtung transportierte, als Alleinerben einsetzte. Der Erblasser stand zu diesem Zeitpunkt bereits unter Betreuung aufgrund einer diagnostizierten demenziellen Erkrankung. Im Rahmen des Erbvertrags veräußerte der Erblasser zudem sein Grundstück an den Fahrer zu einem deutlich unter dem Marktwert liegenden Preis.
Die Betreuerin des Erblassers erwirkte zunächst eine einstweilige Verfügung, um den Vollzug des Grundstücksverkaufs zu verhindern. Zudem wurde der Erbvertrag später vom Erblasser widerrufen, was zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führte.
2. Entscheidung des OLG Hamm
Das OLG Hamm erklärte den Erbvertrag wegen Verstoßes gegen das Wohn- und Teilhabegesetz NRW (§ 7 WTG NRW) für nichtig. Nach dieser Vorschrift ist es Beschäftigten in Einrichtungen wie einer Tagespflege untersagt, sich von Nutzern der Einrichtung geldwerte Leistungen über das vertraglich vereinbarte Entgelt hinaus versprechen zu lassen.
a) Beschäftigtenstatus
Der Fahrer war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als Beschäftigter eines Pflegedienstes tätig und führte Beförderungsfahrten für die Tagespflege durch, in der der Erblasser betreut wurde. Das Gericht sah den Fahrer als Beschäftigten im Sinne des § 7 Abs. 1 WTG NRW an, auch wenn er keine pflegerischen Tätigkeiten ausübte, sondern „nur“ als Fahrer tätig war.
b) Verstoß gegen das WTG NRW
Die Einsetzung des Fahrers als Alleinerben und der Grundstücksverkauf zu einem symbolischen Preis wurden als geldwerte Leistungen bewertet, die gegen das Verbot des § 7 WTG NRW verstießen. Diese Vorschrift soll verhindern, dass Pflegebedürftige durch finanzielle Zuwendungen an Beschäftigte in Abhängigkeitsverhältnisse geraten.
3. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung des OLG Hamm verdeutlicht, dass auch Personen, die im Rahmen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses indirekt mit der Pflege eines Erblassers zu tun haben, unter die Regelungen des WTG NRW fallen können. Selbst wenn der Erblasser eine persönliche Bindung zu dem Beschäftigten entwickelt, ändert dies nichts an der Unwirksamkeit des Erbvertrags.
4. Fazit und Unterstützung durch unsere Kanzlei
Wenn es um Erbverträge und Verfügungen von Todes wegen geht, ist die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften von entscheidender Bedeutung. Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, rechtssichere Verträge zu gestalten und berät Sie umfassend zu den rechtlichen Anforderungen des Wohn- und Teilhabegesetzes sowie anderer einschlägiger Vorschriften.