Der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 26.03.2025, Az. IV ZB 15/24) hat entschieden, dass die Sondervorschrift des § 2270 BGB ausschließlich für gemeinschaftliche Testamente gilt. Für Erbverträge ist sie unanwendbar. Das hat weitreichende Folgen für alle, die ihre Erbfolge verbindlich regeln möchten.

Der Fall in Kürze
Ein Ehepaar schloss 1994 einen notariellen Erbvertrag: Sie setzten sich gegenseitig zu Alleinerben ein, ihr Sohn sollte Schlusserbe werden. Nachdem zunächst der Vater und dann der Sohn verstarben, errichtete die Mutter ein handschriftliches Testament zugunsten ihrer Tochter. Dagegen wandten sich die Enkel (Kinder des verstorbenen Sohnes) – mit Erfolg: Der BGH entnahm dem Erbvertrag im Wege ergänzender Auslegung, dass die Enkel bindend als Ersatzerben eingesetzt sind. Das spätere Testament sah der BGH als unwirksam an, weil es gegen die bindende Ersatzerbeneinsetzung verstößt.
Was regelt § 2270 BGB – und warum greift er hier nicht?
Inhalt der Norm
- Wechselbezüglichkeit: § 2270 BGB geht bei gemeinschaftlichen Testamenten unter bestimmten Voraussetzungen davon aus, dass Verfügungen der Ehegatten miteinander stehen und fallen sollen. Fällt eine weg, z.B. durch Widerruf, so entfällt auch die andere.
- Bindungswirkung: Nach dem ersten Todesfall kann der Überlebende seine wechselbezüglichen Verfügungen grundsätzlich nicht mehr ändern (§ 2271 BGB).
Warum ist § 2270 BGB bei Erbverträgen unanwendbar?
- Eigenständige Bindung: Eine Verfügung in einem Erbvertrag kann entweder einseitig und widerruflich (§ 2299 BGB) oder vertragsmäßig bindend getroffen werden. Letzterenfalls ist sie aus der Natur des Vertrages heraus bindend (§§ 2278 ff., 2289 BGB). Eine zusätzliche gesetzliche Regelung wie in §§ 2270, 2271 BGB ist überflüssig.
- Parteiwille entscheidend: Ob eine Verfügung „vertragsmäßig“ und damit unabänderlich ist, folgt allein aus dem vereinbarten oder ergänzend auszulegenden Willen der Beteiligten.
Gemeinschaftliches Testament vs. Erbvertrag – die wichtigsten Unterschiede
Merkmal | Gemeinschaftliches Testament | Erbvertrag |
---|---|---|
Form | Auch handschriftlich möglich | Immer notariell |
Beteiligte | Nur Ehegatten/Lebenspartner | Beliebige Vertragspartner |
Bindungsregel | §§ 2270, 2271 BGB (Wechselbezüglichkeit) | Vertraglich vereinbart; §§ 2278 ff. BGB |
Änderungsmöglichkeiten | Widerruf zu Lebzeiten; Einschränkungen nach erstem Todesfall | NUR, wenn Änderungsvorbehalt oder Rücktritt ausdrücklich geregelt ist |
Warum die Entscheidung für Mandanten wichtig ist
- Nachträgliche Testamente können ins Leere laufen: Wer vertraglich gebundene Erben übergeht, riskiert die Unwirksamkeit späterer Verfügungen.
- Ersatzerben klar benennen: Fehlen klare Regelungen, muss nach dem Tod versucht werden, das Gewollte durch Auslegung zu ermitteln. Misslingt dies greifen die gesetzliche Erbfolge oder frühere Verfügungen von Todes wegen – oft anders als gewünscht.
- Änderungsspielräume vertraglich festhalten: Ohne Rücktritts- oder Änderungsvorbehalt bleibt der Erbvertrag „in Stein gemeißelt“. Auch in gemeinschaftlichen Testamenten sind klare Regelungen wichtig, welche Verfügungen wechselbezüglich sind und welcher Abänderungsspielraum dem längerlebenden Ehegatten nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten noch zustehen soll.
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