Das Oberlandesgericht Brandenburg (Beschluss vom 23.01.2025, Az. 3 W 113/24) hat entschieden, dass ein Erbe dem Pflichtteilsberechtigten zwar ein vollständiges Nachlassverzeichnis schuldet, aber nicht verpflichtet ist, dessen Kontoauszüge der letzten zehn Jahre auszuhändigen. Dennoch muss der Erbe die Auszüge selbst auswerten und Schenkungen offenlegen.

Worum ging es im Verfahren?
Die Pflichtteilsberechtigte verlangte Zwangsgeld, weil die Erbin das Nachlassverzeichnis aus ihrer Sicht unvollständig erstellt hatte. Streitpunkte waren:
- fehlende Aufnahme von wertrelevantem Hausrat (u.a. Waschmaschine und Geschirrspüler),
- keine Herausgabe der Kontoauszüge, um selbst nach Schenkungen suchen zu können.
Das Landgericht gab dem Antrag teilweise statt; das Oberlandesgericht bestätigte diese Entscheidung.
§ 2314 BGB – Auskunft, aber keine „Akteneinsicht“
Gesetzlicher Rahmen
- Auskunftsanspruch: Pflichtteilsberechtigte können ein vollständiges Nachlassverzeichnis verlangen (§ 2314 Abs. 1 S. 1 BGB). Dieses muss auch Schenkungen der letzten zehn Jahre berücksichtigen.
- Hinzuziehungsrecht: Sie dürfen bei der Aufnahme anwesend sein (§ 2314 Abs. 1 S. 2 BGB), haben aber kein Recht, die Belege selbst zu behalten.
Was der Beschluss klarstellt
- Der Erbe muss die Konto- und Depotauszüge der letzten zehn Jahre selbst prüfen und verdächtige Vorgänge (Schenkungen) offenlegen. Eine bloße Behauptung „keine Schenkungen“ genügt nicht.
- Eine Herausgabe oder Kopie der Auszüge an den Pflichtteilsberechtigten ist jedoch nicht geschuldet – andernfalls würde daraus eine Rechenschaftslegung nach § 259 BGB, die § 2314 gerade nicht verlangt.
- Ohne konkrete Hinweise muss der Erbe auch keine Spurensuche nach möglichen unbekannten Konten betreiben.
Pflichten rund um das Nachlassverzeichnis
Hausrat und sonstige Gegenstände
Unverkäufliche Massenartikel (z.B. Geschirr) dürfen weggelassen werden. Werthaltige Gegenstände – etwa funktionsfähige Haushaltsgeräte – müssen jedoch mit Hersteller, Modell und Alter aufgelistet werden, damit ihr Wert geschätzt werden kann.
Kontoauszüge prüfen – so weit geht die Pflicht
- Kontoauszüge der letzten zehn Jahre einholen, wenn sie nicht mehr im Nachlass liegen.
- Schenkungen herausfiltern und deren Daten (Empfänger, Betrag, Datum) im Verzeichnis angeben.
- Belege vorlegen? Nur Einsicht beim Termin, keine dauerhafte Überlassung.
Praktische Bedeutung für Erben und Pflichtteilsberechtigte
- Erben: Sie ersparen sich Streit und Zwangsgelder, wenn sie frühzeitig alle Kontoauszüge auswerten und ein lückenloses Verzeichnis erstellen.
- Pflichtteilsberechtigte: Sie können Zuziehung verlangen und so Ihr Anwesenheits- und Kontrollrecht nutzen. Wer Originalauszüge verlangt, scheitert meist.
So unterstützen wir Sie
- Analyse des Nachlassverzeichnisses: Wir prüfen, ob es vollständig ist und alle Schenkungen enthält.
- Durchsetzung Ihrer Rechte: Ob Pflichtteilsberechtigter oder Erbe – wir vertreten Sie effektiv bei Auskunfts- und Wertermittlungsfragen.
- Gestaltung & Vorbeugung: Wir helfen, Nachlassstreitigkeiten durch klare Regelungen im Testament oder Erbvertrag zu vermeiden.
Ihr nächster Schritt
Möchten Sie wissen, ob das Nachlassverzeichnis vollständig ist oder wie Sie Ihr Auskunftsrecht durchsetzen? Kontaktieren Sie uns. Wir beraten Sie persönlich und finden eine passgenaue Lösung für Ihr Anliegen.