Ausländisches Testament – in Deutschland wirksam?

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 18. Juli 2025 von Tobias Goldkamp

Ein in Serbien errichtetes Testament, maschinenschriftlich verfasst und von zwei Zeugen unterschrieben – keine Spur von deutscher Handschriftlichkeit. Trotzdem erkannte das Kammergericht Berlin diese Verfügung als wirksam an. Der Grund: Ein Testament kann hierzulande gelten, obwohl es die deutschen Formvorschriften nicht erfüllt. Was bedeutet das für deutsch-ausländische Nachlassfälle?

Formalien in Deutschland: Handschrift oder Notar

Nach deutschem Recht (§ 2247 BGB) muss ein privatschriftliches Testament vollständig eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Alternativ können Sie ein notarielles Testament beurkunden lassen. Bleibt das Testament hinter diesen Voraussetzungen zurück, gilt es in Deutschland normalerweise als formunwirksam – es sei denn, es greift das sogenannte „favor testamenti“.

Das Prinzip „favor testamenti“ – Begünstigung der Gültigkeit

Art. 26 EGBGB a. F. (für Altfälle bis 16.08.2015) und Art. 27 EU-ErbVO (seit 17.08.2015) schützen die Form: Ein Testament ist gültig, wenn es irgendeiner der folgenden Formen genügt:

  • dem Recht des Ortes der Errichtung (lex loci actus),
  • dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß (Heimatrecht),
  • dem Recht des Staates, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder
  • dem Recht des Staates, in dem sich das Nachlassvermögen befindet.

Die Praxis folgt damit dem Grundsatz: „Lieber ein gültiges Testament als gar keines.“

Beispiel aus der Rechtsprechung

Der Erblasser im KG-Beschluss vom 20.06.2024 (Az. 19 W 111/23) besaß sowohl die deutsche als auch die serbische Staatsangehörigkeit. Er errichtete sein Testament in Belgrad: maschinenschriftlich, vor zwei Zeugen (serbische Schriftform). Obwohl diese Form deutschen Anforderungen nicht genügt, erkannte das Gericht die Verfügung an – sie entsprach den Formregeln seines zweiten Heimatrechts und des Errichtungsortes. Das Ergebnis: Seine Töchter wurden hier in Deutschland wirksam Erbinnen.

Praktische Folgen für deutsch-ausländische Nachlassfälle

1. Internationale Lebensläufe brauchen internationale Lösungen

Wer mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt oder längere Zeit im Ausland lebt, sollte die unterschiedlichen Formvorschriften kennen – und bewusst wählen, welche gelten soll.

2. Streitvermeidung durch eindeutige Gestaltung

Auch wenn der favor testamenti großzügig ist: Eine Form, die überall anerkannt wird, erspart Erben spätere Diskussionen. Ein deutscher Notar kann ein zweisprachiges, internationales Testament beurkunden.

3. Ablieferungspflicht beachten

Wird ein ausländisches Testament erst Jahre später gefunden, drohen Verdachtsmomente. Sichern Sie daher Originale und Übersetzungen an einem vertrauenswürdigen Ort (z. B. notarielle Verwahrung).

So unterstützen wir Sie

  • Check bestehender Testamente: Wir prüfen, ob Ihre Verfügung auch bei Auslandsbezug gilt.
  • Internationale Testamentsgestaltung: Gemeinsam entwerfen wir eine Form, die in allen betroffenen Staaten anerkannt wird.
  • Durchsetzung im Erbfall: Kommt es zum Streit, vertreten wir Ihre Interessen vor deutschen Nachlassgerichten.

Ihr nächster Schritt

Sind Sie mehrsprachig oder besitzen Vermögen im Ausland? Sprechen Sie uns an. Wir klären, ob Ihr Testament überall wirksam ist – und sorgen dafür, dass Ihr letzter Wille ohne Grenzen umgesetzt wird.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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