Bezugsrecht bei Lebensversicherungen: Kein Bestandteil des Nachlasses

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 11. Februar 2025 von Tobias Goldkamp

Lebensversicherungen sind eine häufig genutzte Möglichkeit, finanzielle Vorsorge für Angehörige zu treffen. Ein weit verbreiteter Irrtum ist jedoch, dass die Versicherungssumme automatisch in den Nachlass fällt. Tatsächlich gehört sie in den meisten Fällen nicht zum Nachlass, sondern wird direkt an die begünstigte Person ausgezahlt. Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hat in seinem Urteil vom 29. November 2024 (Az.: 15 U 2084/22) bestätigt, dass eine Lebensversicherung mit Bezugsrecht nicht zur Erbmasse gehört.

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Bezugsrecht entscheidet über die Zugehörigkeit zum Nachlass

Der entscheidende Faktor ist, ob der Versicherungsnehmer zu Lebzeiten ein Bezugsrecht für eine bestimmte Person bestimmt hat:

  • Hat der Erblasser ein Bezugsrecht festgelegt? Dann erhält die benannte Person die Versicherungssumme direkt von der Versicherung. Diese Zahlung erfolgt außerhalb des Erbrechts und fällt nicht in den Nachlass.
  • Fehlt eine Bezugsberechtigung? In diesem Fall wird die Versicherungssumme an den Nachlass ausgezahlt und unter den Erben nach der gesetzlichen oder testamentarischen Erbfolge verteilt.

OLG Nürnberg: Lebensversicherungssumme bleibt außerhalb der Insolvenzmasse

Im vorliegenden Fall hatte die Erblasserin eine Kapitallebensversicherung mit widerruflichem Bezugsrecht abgeschlossen. Der begünstigte Sohn erhielt nach dem Tod der Erblasserin die Versicherungssumme von rund 3.500 Euro. Der Nachlass war überschuldet, und der Insolvenzverwalter versuchte, die Summe in die Insolvenzmasse einzubeziehen.

Das OLG Nürnberg entschied jedoch:

  • Die Todesfallleistung aus einer Lebensversicherung gehört nicht zur Insolvenzmasse, wenn ein Bezugsberechtigter benannt wurde.
  • Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der entsprechenden Anwendung des Pfändungsschutzes nach § 850b ZPO: Eine Versicherungssumme, die für Bestattungskosten oder zur finanziellen Absicherung eines Hinterbliebenen vorgesehen ist, darf nicht zur Schuldentilgung herangezogen werden.
  • Der Begünstigte durfte die Summe behalten, da er nachweisen konnte, dass er die Bestattungskosten getragen hatte.

Welche Bedeutung hat das Urteil für die Praxis?

  1. Lebensversicherungen bieten gezielten Vermögensschutz
    • Da eine Bezugsberechtigung die Versicherungssumme außerhalb des Nachlasses hält, können Gläubiger der Erben keinen Zugriff darauf nehmen.
    • Dies macht Lebensversicherungen zu einem wichtigen Instrument in der Nachlassplanung, insbesondere bei verschuldeten Nachlässen.
  2. Pflichtteilsansprüche sind nicht automatisch betroffen
    • Auch wenn eine Lebensversicherung nicht zum Nachlass gehört, kann unter Umständen ein Pflichtteilsergänzungsanspruch bestehen (§ 2325 BGB).
    • Dies gilt insbesondere, wenn die Versicherungssumme sehr hoch ist und als Schenkung gewertet werden könnte.
  3. Widerrufliche vs. unwiderrufliche Bezugsrechte
    • Ein widerrufliches Bezugsrecht kann der Versicherungsnehmer jederzeit ändern.
    • Ein unwiderrufliches Bezugsrecht sichert den Anspruch des Begünstigten ab, kann aber nur mit dessen Zustimmung geändert werden.

Fazit: Durchdachte Nachlassplanung mit Lebensversicherungen

Das Urteil des OLG Nürnberg bestätigt, dass eine gezielte Gestaltung von Bezugsrechten sicherstellen kann, dass eine Lebensversicherung direkt dem gewünschten Begünstigten zufließt – unabhängig vom Nachlass und möglichen Gläubigern.

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Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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