Das Bundesverfassungsgericht hat sich zu den Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis geäußert. Anlass war eine Verfassungsbeschwerde eines Pflichtteilsberechtigten.
Der Notar muss eigene Ermittlungen anstellen und darf sich nicht darauf begnügen, Erklärungen des Erben zu beurkunden. Die Ermittlungspflicht des Notars beschränkt sich nicht nur auf den Nachlassbestand zum Stichtag Todestag. Sie erstreckt sich auch auf mögliche lebzeitige Schenkungen.
Das Bundesverfassungsgericht bezeichnet es als naheliegend, dass der Notar die vollständigen Kontoauszüge und sonstigen Bankunterlagen für einen Zeitraum von zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers sichtet. Erforderlichenfalls müsse der Notar mit Vollmacht des Erben solche Unterlagen selbst bei der Bank anfordern.
In dem Beschluss vom 25. April 2016 – 1 BvR 2423/14 – führt das Bundesverfassungsgericht aus:
In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Auskunftspflicht des § 2314 BGB auf die Weitergabe von Wissen gerichtet ist, das der Verpflichtete hat oder sich verschaffen muss (BGH, Urteil vom 9. November 1983 – IVa ZR 151/82 -, BGHZ 89, 24 <28>). Das notarielle Nachlassverzeichnis gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB soll eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft bieten als ein privates Verzeichnis, welches der auskunftsverpflichtete Erbe erstellt hat. Dazu ist es erforderlich, dass es von der Amtsperson selbst erstellt wird und diese nicht lediglich die Erläuterungen des Erben protokolliert und beurkundet. Der Notar ist dabei regelmäßig auch zur selbständigen Ermittlung der aufzunehmenden Gegenstände und Forderungen berechtigt und verpflichtet, er muss zudem durch eine Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen, für den Inhalt verantwortlich zu sein (stRspr.; vgl. nur Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 25. Januar 2011 – 3 U 36/10 –, juris, Rn.15 m.w.N.). Ein Verzeichnis, das sich inhaltlich lediglich auf die dem Notar seitens des Erben vorgelegte Auflistung beschränkt und nicht eine eigenständige Feststellung des Notars dazu enthält, dass weitere Nachlassgegenstände nicht vorhanden und weitere Verbindlichkeiten nicht festzustellen seien, erfüllt daher die Anforderungen nicht (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 26. April 2010 – 5 W 81/10 – u.a., juris, Rn. 13f.). Hier hätte es hinsichtlich der etwaigen Schenkungen insbesondere nahe gelegen, Einsicht in die vollständigen Kontoauszüge und sonstigen Bankunterlagen für den Zehn-Jahres-Zeitraum zu nehmen oder eine Vollmacht des Auskunftsverpflichteten zur entsprechenden Anfrage bei der Bank einzuholen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18. März 2014 – 2 W 495/13 –, juris, Rn. 21-28).