Einsichtnahme in Grundbuchakten durch Pflichtteilsberechtigte

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat am 15. Februar 2024 (Az.: 34 Wx 36/24 e) eine wichtige Entscheidung getroffen, die sich mit der Frage der Einsichtnahme in Grundbuchakten durch einen Pflichtteilsberechtigten befasst. Diese Entscheidung beleuchtet die Bedingungen, unter denen ein Pflichtteilsberechtigter ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme in Grundbuchakten geltend machen kann, um seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch zu berechnen.

Hintergrund des Falls

Der Fall betraf den Nachlass einer Erblasserin, die als Miteigentümerin einer Immobilie im Grundbuch eingetragen war. Sie hatte ihren Miteigentumsanteil im Jahr 2019 im Wege einer teilentgeltlichen Schenkung an einen ihrer Söhne übertragen. Nach dem Tod der Erblasserin verlangte ein weiterer Sohn aufgrund seines Pflichtteilsrechts Einsicht in die Grundbuchakten, um Informationen zum Wert des veräußerten Grundstücks zu erhalten. Das Grundbuchamt wies seinen Antrag zunächst zurück.

Zentrale Streitpunkte

  1. Einsichtnahme in Grundbuchakten: Der Pflichtteilsberechtigte argumentierte, dass er zur Berechnung seines Pflichtteilsergänzungsanspruchs Informationen zum Wert des veräußerten Grundstücks benötige, die nur durch Einsicht in die Grundbuchakten zu erlangen seien.
  2. Berechtigtes Interesse: Es wurde erörtert, ob der Pflichtteilsberechtigte ein berechtigtes Interesse gemäß § 12 GBO und § 46 GBV an der Einsichtnahme in die Grundbuchakten hatte, um den Wert der Immobilie und die damit verbundenen Kosten zu ermitteln.

Entscheidung des Oberlandesgerichts

Gewährung der Einsichtnahme

Das OLG München gab dem Pflichtteilsberechtigten teilweise Recht und entschied, dass ihm eine unbeglaubigte Abschrift der Kostenrechnung aus den Grundbuchakten zu erteilen sei. Die wesentlichen Punkte der Entscheidung umfassen:

1. Berechtigtes Interesse des Pflichtteilsberechtigten

  • Pflichtteilsergänzungsanspruch: Das Gericht stellte fest, dass der Pflichtteilsberechtigte ein berechtigtes Interesse daran hat, den Wert des veräußerten Grundstücks zu erfahren, da dies für die korrekte Berechnung seines Pflichtteilsergänzungsanspruchs gemäß § 2325 Abs. 1 BGB erforderlich ist.
  • Informationserlangung: Die Einsicht in die Kostenrechnung liefert wichtige Anhaltspunkte zum Wert der Immobilie. Dieser Wert ist entscheidend, um den Pflichtteilsergänzungsanspruch genau zu berechnen, selbst wenn der Kostenrechnungswert nicht verbindlich ist.

2. Ablehnung weiterer Einsichtnahme

  • Bereits erteilte Abschriften: Der Antrag auf Einsicht in weitere Dokumente wurde abgelehnt, da der Pflichtteilsberechtigte bereits Kopien der relevanten Urkunden erhalten hatte. Ein berechtigtes Interesse an weiteren Abschriften, insbesondere der Bewilligung, konnte nicht nachgewiesen werden.

Fazit

Die Entscheidung des OLG München unterstreicht die Bedeutung des berechtigten Interesses bei der Einsichtnahme in Grundbuchakten durch Pflichtteilsberechtigte. Es zeigt sich, dass Pflichtteilsberechtigte ein nachvollziehbares Interesse daran haben, den Wert von Nachlassgegenständen und verschenkten Gegenständen zu erfahren, um ihre Ansprüche korrekt berechnen zu können.

Sollten Sie Fragen zur Einsichtnahme in Grundakten oder zur Berechnung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen haben, steht Ihnen unsere Kanzlei mit ihrer Expertise im Erbrecht gerne zur Verfügung.

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