Haftung für Nachlassverbindlichkeiten beschränken

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 8. November 2024 von Tobias Goldkamp

Beim Erbfall übernimmt der Erbe nicht nur das Vermögen des Erblassers, sondern auch dessen Schulden. Die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten ist umfassend geregelt und erfordert eine sorgfältige Planung durch den Erben, um mögliche Risiken zu minimieren. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Grundsätze und Möglichkeiten zur Haftungsbeschränkung.

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1. Grundsatz: Unbeschränkte Haftung des Erben

Gemäß § 1967 BGB haftet der Erbe grundsätzlich mit dem gesamten Nachlass sowie seinem eigenen Vermögen für die Verbindlichkeiten des Erblassers. Das bedeutet, dass der Erbe zunächst voll für alle Schulden des Nachlasses aufkommt, auch wenn diese den Wert des Nachlasses übersteigen. Diese unbeschränkte Haftung betrifft nicht nur Schulden, die der Erblasser zu Lebzeiten hatte, sondern auch Nachlassverbindlichkeiten wie Bestattungskosten und Vermächtnisse.

2. Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten

Um sich vor einer zu hohen Haftung zu schützen, stehen dem Erben mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken:

a) Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenzverfahren (§§ 1975-1985 BGB)

Durch die Anordnung einer Nachlassverwaltung oder eines Nachlassinsolvenzverfahrens kann der Erbe seine Haftung auf den Nachlass beschränken. Bei der Nachlassverwaltung wird ein Verwalter bestellt, der den Nachlass zugunsten der Gläubiger verwaltet. Ist der Nachlass überschuldet, kann der Erbe die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen. In beiden Fällen haftet der Erbe nicht mehr mit seinem eigenen Vermögen, sondern nur noch mit dem Nachlass.

b) Dürftigkeitseinrede (§ 1990 BGB)

Wenn der Nachlass nicht ausreicht, um die Kosten der Nachlassverwaltung oder der Nachlassinsolvenz zu decken, kann der Erbe die sogenannte Dürftigkeitseinrede erheben. Diese Einrede ermöglicht es dem Erben, seine Haftung auf den vorhandenen Nachlass zu beschränken, ohne ein förmliches Insolvenzverfahren durchführen zu müssen.

c) Aufgebotsverfahren (§ 1973 BGB)

Der Erbe kann außerdem ein Aufgebotsverfahren einleiten, um unbekannte Gläubiger des Nachlasses auszuschließen. Meldet sich ein Gläubiger nicht innerhalb der gesetzten Frist, verliert er seinen Anspruch. Dadurch kann der Erbe die Haftung für nicht angemeldete Forderungen ausschließen.

d) Überschwerungseinrede (§ 1992 BGB)

Diese Einrede kann erhoben werden, wenn der Nachlass durch Vermächtnisse oder Auflagen überschuldet ist. Der Erbe kann in diesem Fall seine Haftung auf den Nachlass beschränken und wird nicht mit seinem Eigenvermögen in Anspruch genommen.

3. Besonderheiten bei der Haftung Minderjähriger (§ 1629a BGB)

Eine wichtige Ausnahmeregelung gilt für minderjährige Erben. Nach § 1629a BGB haftet ein minderjähriger Erbe nur mit dem bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögen. Damit wird sichergestellt, dass der minderjährige Erbe nicht mit seinem gesamten Vermögen für Nachlassschulden haftet, die während seiner Minderjährigkeit entstanden sind.

Fazit

Die unbeschränkte Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten stellt ein erhebliches Risiko dar. Durch die rechtzeitige Nutzung von Haftungsbeschränkungen wie der Nachlassverwaltung, dem Aufgebotsverfahren oder der Dürftigkeitseinrede kann der Erbe jedoch seine Haftung auf den Nachlass beschränken und so sein Eigenvermögen schützen. Eine genaue Kenntnis der rechtlichen Möglichkeiten ist daher für Erben unerlässlich.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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