Das Erbscheinsverfahren dient dazu, die Erbenstellung festzustellen und den Erben einen Erbschein auszustellen, der als offizieller Nachweis ihrer Erbenstellung dient. Eine häufige Frage, die in diesem Zusammenhang auftaucht, lautet: Kann man im Erbscheinsverfahren einen Vergleich schließen?
Die Antwort ist: Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Vergleiche im Erbscheinsverfahren sind in begrenztem Umfang möglich, insbesondere dann, wenn die Beteiligten über den Verfahrensgegenstand verfügen können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie den Inhalt des Erbscheins frei gestalten können, sondern es gibt klare Grenzen.
1. Zulässigkeit von Vergleichen im Erbscheinsverfahren
Gemäß § 36 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) können die Beteiligten eines Erbscheinsverfahrens grundsätzlich Vergleiche schließen, wenn sie über den Verfahrensgegenstand verfügen können. Allerdings gilt dies nur für solche Aspekte des Verfahrens, bei denen eine Einigung möglich ist, wie etwa die Rücknahme von Rechtsmitteln oder die Regelung von Verfahrenskosten.
a) Keine Einflussnahme auf den Erbscheininhalt
Ein Vergleich darf jedoch nicht dazu führen, dass der Inhalt des Erbscheins von der tatsächlichen Erbfolge abweicht. Das Nachlassgericht ist verpflichtet, die wahre Erbfolge festzustellen und den Erbschein entsprechend zu erteilen. Vereinbarungen, die davon abweichen und beispielsweise einem Erben eine andere Erbenstellung zusprechen, sind unzulässig. Ein solcher Vergleich könnte im Nachhinein angefochten werden.
Beispiel: Wenn sich zwei potenzielle Erben darüber einigen, dass einer von ihnen den Erbschein erhält, obwohl nach der tatsächlichen Erbfolge beide Erben sein müssten, ist eine solche Einigung nicht zulässig. Das Nachlassgericht darf den Erbschein nur im Rahmen der rechtlichen Vorgaben erteilen.
b) Ausnahmen im Rechtsmittelverfahren
Während im eigentlichen Erbscheinsverfahren die Möglichkeiten eines Vergleichs stark eingeschränkt sind, besteht im Rechtsmittelverfahren mehr Spielraum. Hier können die Beteiligten beispielsweise die Rücknahme eines Rechtsmittels vereinbaren oder die Kostenregelung anpassen. Solche Vergleiche haben verfahrensbeendigende Wirkung.
2. Der Einfluss des Vergleichs auf das Nachlassgericht
Auch wenn die Beteiligten nicht unmittelbar über den Erbscheininhalt disponieren können, soll das Nachlassgericht auf eine gütliche Einigung der Beteiligten hinwirken. Das Gericht kann bei einer unklaren Sach- oder Rechtslage eine Einigung zwischen den Beteiligten in Erwägung ziehen und diese in die Entscheidung einfließen lassen. Allerdings bleibt die Erteilung eines Erbscheins, der von der wahren Erbfolge abweicht, ausgeschlossen.
3. Unterstützung durch unsere Kanzlei
Falls Sie sich in einem Erbscheinsverfahren befinden und eine einvernehmliche Lösung mit den anderen Beteiligten anstreben, unterstützen wir Sie gerne. Wir beraten Sie zu den Möglichkeiten eines Vergleichs im Rahmen des Verfahrens und setzen uns dafür ein, dass Ihre erbrechtlichen Ansprüche gewahrt bleiben. Unsere erfahrenen Anwälte stehen Ihnen während des gesamten Erbscheinsverfahrens zur Seite.