Nachlass sichern beim Streit über die Erbfolge

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 9. September 2024 von Tobias Goldkamp

Ein Erbfall kann schnell zu einem Streit über die Erbfolge führen, insbesondere wenn Unklarheit über die Berechtigung der Erben besteht oder mehrere Personen Ansprüche erheben. Um sicherzustellen, dass der Nachlass in einem solchen Fall nicht veruntreut oder gefährdet wird, gibt es verschiedene rechtliche Möglichkeiten, den Nachlass zu sichern.

1. Zuständigkeit des Nachlassgerichts

Nach deutschem Recht gibt es keinen „herrenlosen“ Nachlass. Sobald der Erbfall eintritt, geht der Nachlass automatisch auf den oder die Erben über. In Fällen, in denen die Erben noch nicht feststehen oder es Unsicherheit über die Erbfolge gibt, ist das Nachlassgericht dafür zuständig, den Nachlass zu sichern (§ 1960 BGB). Diese Zuständigkeit bleibt bestehen, bis die Erbfolge eindeutig geklärt ist.

Das Nachlassgericht trifft von Amts wegen Sicherungsmaßnahmen, wenn ein berechtigtes Sicherungsbedürfnis besteht. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn eine Gefahr für den Bestand des Nachlasses besteht, etwa durch Diebstahl oder unberechtigte Verfügungen. Auch bei Unsicherheiten über die Gültigkeit von Testamenten oder die Testierfähigkeit des Erblassers greift das Gericht ein.

2. Sicherungsmaßnahmen

Das Nachlassgericht hat eine Reihe von Möglichkeiten, den Nachlass zu sichern. Diese Maßnahmen dienen dem Zweck, den Nachlass vor Schaden zu bewahren, bis die Erben feststehen. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen:

  • Versiegelung von Räumen und Behältnissen: Um zu verhindern, dass Gegenstände aus dem Nachlass entfernt werden, können Räume oder Tresore versiegelt werden. Dies geschieht auf Anordnung des Nachlassgerichts.
  • Amtliche Inverwahrungnahme: Wertgegenstände wie Bargeld oder Wertpapiere können in amtliche Verwahrung genommen werden. Dadurch wird sichergestellt, dass diese Gegenstände bis zur Klärung der Erbfolge geschützt sind.
  • Sperrung von Bankkonten: Um zu verhindern, dass unberechtigte Personen Zugriff auf das Vermögen des Erblassers nehmen, können Bankkonten gesperrt werden. Dies ist eine gängige Methode, um Missbrauch von Vollmachten zu verhindern.
  • Nachlassverzeichnis: In vielen Fällen wird ein detailliertes Verzeichnis des Nachlasses erstellt. Dadurch wird der genaue Bestand des Nachlasses dokumentiert, was insbesondere für die spätere Auseinandersetzung zwischen den Erben wichtig ist.

3. Nachlasspflegschaft

Eine zentrale Maßnahme zur Sicherung des Nachlasses ist die Nachlasspflegschaft. Diese wird angeordnet, wenn die Erben noch unbekannt sind oder es Streitigkeiten über die Erbfolge gibt. Der Nachlasspfleger übernimmt in diesem Fall die Verwaltung des Nachlasses und hat die Aufgabe, die Erben zu ermitteln.

Die Nachlasspflegschaft dient nicht nur der Sicherung des Nachlasses, sondern auch der Erhaltung des Nachlasswertes. Der Nachlasspfleger verwaltet den Nachlass treuhänderisch und trifft alle notwendigen Maßnahmen, um den Wert des Nachlasses zu erhalten. Er hat jedoch keine Berechtigung, über den Nachlass zu verfügen, sondern muss wichtige Entscheidungen mit dem Nachlassgericht absprechen.

4. Prozessnachlasspflegschaft

In Fällen, in denen bereits vor Klärung der Erbfolge ein Rechtsstreit anhängig ist oder ein Anspruch gerichtlich verfolgt werden soll, kann eine Prozessnachlasspflegschaft angeordnet werden. Dies ermöglicht es Gläubigern oder anderen Berechtigten, ihre Ansprüche gegen den Nachlass geltend zu machen, auch wenn die Erben noch nicht bekannt sind.

5. Rechtsbehelfe gegen Nachlasssicherungsmaßnahmen

Gegen Anordnungen des Nachlassgerichts können die Beteiligten Beschwerde einlegen. Dies betrifft insbesondere die Auswahl der Sicherungsmaßnahmen oder die Bestellung eines Nachlasspflegers. Beschwerdeberechtigt sind die Erbanwärter, nicht jedoch Gläubiger oder Testamentsvollstrecker.

Fazit

Die Sicherung des Nachlasses ist eine wichtige Maßnahme, um den Nachlass während eines Erbstreits zu schützen. Das Nachlassgericht hat verschiedene Instrumente zur Verfügung, um sicherzustellen, dass der Nachlass bis zur Klärung der Erbfolge erhalten bleibt. Die Anordnung einer Nachlasspflegschaft ist dabei das zentrale Mittel, um den Nachlass zu verwalten und die Erben zu ermitteln.

Gerne unterstützen wir Sie und stellen für Sie die richtigen Anträge.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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