Notar kann Ermittlungen nicht nach Gutdünken beschränken

Beim notariellen Nachlassverzeichnis für den Pflichtteilsberechtigten muss der Notar alle Nachforschungen anstellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Pflichtteilsberechtigten für erforderlich halten würde.

Dies entschied das Oberlandesgericht Celle und führte aus: „§ 2314 BGB soll es dem Pflichtteilsberechtigten ermöglichen, sich die notwendigen Kenntnisse zur Bemessung seines Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen. Hierbei soll ein notarielles Nachlassverzeichnis eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft als das private Verzeichnis des Erben bieten. Dementsprechend muss der Notar den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen, dass er den Inhalt verantwortet (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2020 – IV ZR 193/19 –, zitiert nach juris, dort Rn. 8). Der Notar ist in der Ausgestaltung des Verfahrens zwar weitgehend frei. Er muss zunächst von den Angaben des Auskunftspflichtigen ausgehen. Allerdings darf er sich hierauf nicht beschränken und insbesondere nicht lediglich eine Plausibilitätsprüfung durchführen. Vielmehr muss er den Nachlassbestand selbst ermitteln und feststellen. Dabei hat er diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde (BGH a. a. O.).“ (OLG Celle, Urteil vom 29. Oktober 2020 – 6 U 34/20 –, Rn. 22, juris)

Im konkreten Fall beanstandete das OLG Celle, dass der Notar bei einer Sparkasse, bei der der Erblasser ein Darlehenskonto unterhielt, nicht nach weiteren Konten nachgefragt hatte. Zudem ging das OLG davon aus, dass der Notar von sich aus die Erbin nach Versicherungen (z.B. Lebensversicherung, Sterbegeldversicherung) hätte fragen müssen. Des Weiteren hätte er sich die Steuernummer geben lassen und beim Finanzamt nach Steuerrückerstattungsansprüchen fragen müssen. Auch hätte er Unterlagen aus einem Bankschließfach selbst sichten müssen, statt sich nur auf Angaben der Erbin zu verlassen.

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