Nutzung einer vom Erblasser erteilten Vollmacht nach seinem Tod

Tobias Goldkamp

Veröffentlicht am 15. August 2024 von Tobias Goldkamp

Themen: Erbauseinandersetzung, Erbrechtliche Ansprüche

Die Frage, ob und wie eine Vollmacht, die ein Erblasser zu Lebzeiten erteilt hat, nach dessen Tod weiterhin genutzt werden kann, ist häufig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Drei aktuelle Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte (OLG) bieten wertvolle Einblicke in die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Nutzung solcher Vollmachten.

OLG Frankfurt: Handeln aufgrund einer Vollmacht über den Tod hinaus

Das OLG Frankfurt (Beschluss vom 14. November 2023, Az.: 20 W 155/22) befasste sich mit der Frage, ob eine transmortale Vollmacht, die eine Bevollmächtigte von ihrer verstorbenen Großmutter erhalten hatte, weiterhin gültig ist. Die Bevollmächtigte hatte nach dem Tod der Vollmachtgeberin Grundbesitz verkauft und eine Grundschuld bestellt, ohne den Tod der Großmutter offenzulegen. Das Grundbuchamt forderte die Vorlage eines Erbscheins, da es die Vollmacht als erloschen betrachtete.

Das OLG Frankfurt entschied, dass die Vollmacht weiterhin gültig sei, solange sie nicht widerrufen werde und die Erben durch diese gebunden seien. Es stellte klar, dass die Erben nicht namentlich benannt werden müssen, und dass die Legitimationswirkung einer transmortalen Vollmacht auch dann fortbesteht, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe der Vollmachtgeberin ist, sofern dieser nicht auf seine Alleinerbenstellung hinweist.

OLG Rostock: Transmortale Vollmacht zum Nachweis der Vertretungsberechtigung des Erben

Das OLG Rostock (Beschluss vom 23. November 2023, Az.: 3 W 127/22) bestätigte, dass eine transmortale Vollmacht, die über den Tod des Erblassers hinaus gültig ist, weiterhin genutzt werden kann, ohne dass die Erben namentlich benannt oder ein Erbschein vorgelegt werden muss. Die Entscheidung bekräftigt, dass die Voreintragung der Erben als Grundstückseigentümer nach den §§ 39, 40 GBO nicht erforderlich ist, wenn eine transmortale Vollmacht genutzt wird.

In diesem Fall handelte die Bevollmächtigte für die unbekannten Erben und nutzte die Vollmacht, um eine Grundstücksübertragung vorzunehmen. Das Gericht entschied, dass das Grundbuchamt die Eintragung vornehmen muss, da die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind und die Vollmacht die Vertretungsberechtigung der Erben sicherstellt.

OLG Nürnberg: Legitimationswirkung einer transmortalen Vollmacht bei Alleinerbenstellung des Bevollmächtigten

Das OLG Nürnberg (Beschluss vom 25. März 2024, Az.: 15 Wx 2176/23) beschäftigte sich mit der Frage, ob die Legitimationswirkung einer transmortalen Vollmacht entfällt, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers wird. Die Antragstellerin hatte eine Generalvollmacht von ihrem verstorbenen Ehemann erhalten und nutzte diese, um eine Grundstücksübertragung zu veranlassen. Das Grundbuchamt verweigerte die Eintragung, da es die Vollmacht aufgrund der Alleinerbenstellung der Antragstellerin als erloschen ansah.

Das OLG Nürnberg entschied jedoch, dass die Vollmacht weiterhin genutzt werden kann und ihre Legitimationswirkung nicht allein durch die Alleinerbenstellung des Bevollmächtigten erlischt. Das Gericht betonte, dass das Grundbuchamt die materielle Erbenstellung nur dann berücksichtigen darf, wenn diese in der Form des § 35 GBO nachgewiesen ist, d.h. durch Erbschein, Europäisches Nachlasszeugnis oder eine Eröffnungsniederschrift nebst eröffneter notariell beurkundeter Verfügung von Todes wegen. Solange kein solcher Nachweis vorliegt, kann die Vollmacht im Grundbuchverfahren verwendet werden.

Fazit

Diese Entscheidungen verdeutlichen, dass transmortale Vollmachten auch nach dem Tod des Vollmachtgebers weiterhin genutzt werden können, ohne dass die Erben sofort nachgewiesen oder benannt werden müssen. Sie bieten wichtige Leitlinien für die Praxis und stärken die Position von Bevollmächtigten, die im Rahmen solcher Vollmachten handeln.

Tipp

Wichtig ist, dass eine Vollmacht notariell beurkundet oder zumindest notariell unterschriftsbeglaubigt sein muss, um im Grundbuchverfahren verwendet zu werden (§ 29 GBO, § 129 BGB). Eine privat erstellte Vollmacht genügt also nur, wenn sie in schriftlicher Form abgefasst ist und die Unterschrift des Vollmachtgebers von einem Notar beglaubigt worden ist.

Wenn Sie Fragen zur Nutzung von Vollmachten nach dem Tod des Vollmachtgebers haben oder rechtliche Unterstützung in erbrechtlichen Angelegenheiten benötigen, steht Ihnen unsere Kanzlei mit ihrer Expertise gerne zur Verfügung.

Tobias Goldkamp

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131-718190

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