Der Pflichtteilsberechtigte kann gemäß § 2314 BGB vom Erben verlangen, dass ein Notar auf Kosten des Erben den Nachlass aufnimmt und ein Nachlassverzeichnis erstellt. Das notarielle Nachlassverzeichnis muss erkennen lassen, dass der Notar den Nachlass selbst ermittelt hat und für den Inhalt des Verzeichnisses die Verantwortung übernimmt. Der Notar darf sich nicht auf die Wiedergabe von Erklärungen des Erben beschränken. Diese Grundsätze führte das Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken in einem Beschluss vom 28. Januar 2011 aus (Aktenzeichen 5 W 312/10):
„Die Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 26.04.2010 – 5 W 81/10-33 – ZEV 2010, 416 dargelegt. Danach ist die bloße Beurkundung von Erklärungen des Auskunftspflichtigen kein notarielles Verzeichnis im Sinne von § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB. Ein solches soll eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft bieten und genügt deshalb den Anforderungen des § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB nur dann, wenn der Notar den Nachlassbestand selbst und eigenständig – wenn auch zunächst ausgehend von Angaben des Auskunftspflichtigen – ermittelt hat und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringt, für den Inhalt verantwortlich zu sein (Senat, Beschl. v. 26.04.2010 – 5 W 81/10-33 – ZEV 2010, 416; OLG Düsseldorf, RNotZ 2008, 105; Schlüter in: Erman, BGB, 12. Aufl. 2008, § 2314 Rdn. 5). Zwar ist der Notar in der Ausgestaltung des Verfahrens zur Ermittlung der Vermögensmasse und zur Niederlegung des Ergebnisses dieser Ermittlungen in einer Urkunde weitgehend frei. Er hat aber die vorhandenen Vermögensgegenstände sorgfältig festzustellen und seine Feststellungen in einer von ihm zu unterzeichnenden berichtenden Urkunde niederzulegen (OLG Karlsruhe, ZEV 2008, 189). Der Notar darf sich aus diesen Gründen nicht darauf beschränken, Angaben des Erben wiederzugeben und von diesem vorgelegte Belege auf Plausibilität zu prüfen, selbst wenn er den Erben über seine Vollständigkeits- und Wahrheitspflicht belehrt hat. Eine sich hierin erschöpfende Urkunde ist kein notarielles Nachlassverzeichnis (OLG Celle, DNotZ 2003, 62; Senat, Beschl. v. 26.04.2010 – 5 W 81/10-33 – ZEV 2010, 416; Haas in: Staudinger, BGB, 2006, § 2314 Rdn. 41).
Allerdings ist der Notar auch nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte in alle Richtungen zu ermitteln, um Nachlassvermögen aufzuspüren. Die Anforderungen an den von ihm zu verlangenden Ermittlungsumfang richten sich nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalles. Leitlinie kann dafür die Überlegung sein, welche naheliegenden Nachforschungen ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich hielte. Das Ergebnis dieser Feststellungen muss der Notar in der Urkunde niederlegen und zum Ausdruck bringen, dass nach diesen Ermittlungen weitere Nachlassgegenstände nicht vorhanden sind, und deutlich machen, dass er eine dahingehende eigene Erklärung abgibt, für die er verantwortlich ist. Diese Verantwortung kann er dadurch eingrenzen, dass er die von ihm vorgenommenen Ermittlungen offenlegt, so dass deutlich wird, in welchem Umfang er überhaupt eigene Feststellungen treffen konnte. Diese zwangsläufige Begrenzung der Aussagekraft des notariellen Verzeichnisses und der Verantwortlichkeit des Notars liegt in der Natur der Sache und ist vom Gläubiger hinzunehmen.
Bereits die äußere Form der notariellen Urkunde des Notars Dr. K. vom 18.09.2010 – Urk-Nr. 0000 –, die damit beginnt, dass der Schuldner selbst nach § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB zur Auskunft verpflichtet ist und das Folgende erklärt, macht deutlich, dass es sich um eine Erklärung des Schuldners handelt, und nicht um eine Erklärung des Notars. Die geschuldete Erklärung des Notars beruht auf § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB, nicht auf § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB.
Daran ändern auch die fettgedruckten Einschübe nichts. Zwar bestätigt der Notar dadurch beispielsweise die Eigentumsverhältnisse bezüglich der Immobilien in P/OP bzw. eine telefonische Auskunft der Steuerberaterin Ma. über in Deutschland in den Jahren 2007 und 2008 gezahlte und/oder erstattete Steuern. Alle Einschübe beziehen sich aber nur auf Einzelpunkte. An keiner Stelle der Urkunde kommt zum Ausdruck, dass der Notar eine eigene abschließende Erklärung formuliert und durch seine Unterschrift die Verantwortung dafür übernommen hat.
Dies hat zur Folge, dass der Notar eine neue Urkunde erstellen muss, die den oben genannten Anforderungen genügen muss.
Zur weiteren Vorgehensweise gibt der Senat vorsorglich folgende Hinweise:
Der Auskunftsanspruch kann zwar nicht bei jeder Unvollständigkeit des notariellen Nachlassverzeichnisses als unerfüllt angesehen werden. Allerdings besteht ein Anspruch auf Ergänzung der Auskunft, wenn der Schuldner in Folge Irrtums einen Teil des Bestandes weggelassen hat, wenn in der Aufstellung bestimmte sachliche oder zeitliche Teile völlig fehlen, wenn die Angaben erkennbar unvollständig sind oder wenn das Verzeichnis auf Grund gefälschter Unterlagen aufgestellt worden ist (BGH, Urt. v. 29.06.1983 – IVb ZR 391/81 – NJW 1983, 2243; Senat, Beschl.v. 29.8.2006, 5 W 72/06-26; BayObLG, NJW-RR 2002, 1381). Ein ergänzender Auskunftsanspruch besteht darüber hinaus in den Fällen, in denen die Auskunft zwar dem Wissensstand des Verpflichteten entspricht, dieser sich jedoch fremdes Wissen nicht verschafft hat, obwohl ihm dies zumutbar ist (BGH, Urt. v. 28.02.1989 – XI ZR 91/88 – BGHZ 107, 104; Senat, Beschl. v. 20.11.2006 – 5 W 236/06-70).
Deshalb wird der Notar darauf zu achten haben, dass das neue Verzeichnis vollständig ist und alle notwendigen Belege beigefügt sind. Im Einzelnen wird aufgrund der Rügen der Gläubiger zu beachten sein:
Eigentumsverzeichnisse der aufgeführten Immobilien in P/OP müssen dem notariellen Verzeichnis beigefügt werden.
[…]
Bezüglich der Bankkonten rügen die Gläubiger zu Recht, dass sich die bislang vorgelegte Bankauskunft nicht auf den Todestag der Erblasserin, den 04.03.2008, bezieht, sondern auf den 03.03.2008. Dies ist zu korrigieren. Außerdem ist der Notar verpflichtet, die Banken, die ihm vom Auskunftspflichtigen als Vertragspartner des Erblassers genannt werden, selbst anzuschreiben und um abschließende und vollständige Auskunft über alle Aktiva und Passiva der Erblasserin zum Todeszeitpunkt zu bitten, einschließlich der Angabe von Wertpapieren, Depots, Schließfächern oder sonstiger Anlagen. Auf eine vom Auskunftspflichtigen vorgelegte Bescheinigung kann er sich nicht verlassen, denn die Aussagekraft der Antwort kann grundsätzlich nicht ohne Kenntnis des Wortlautes der Anfrage beurteilt werden. Gegebenenfalls wird der Notar auch nachfragen müssen, wenn die Bankauskunft nicht eindeutig ist, denn er kann die Auskunft nicht einfach weiterreichen, sondern muss die Richtigkeit dieser Auskunft durch seine Unterschrift bestätigen. Dazu muss er sich gegebenenfalls die Darlehensverträge vorlegen lassen, um zu prüfen, ob der Erblasser tatsächlich (Mit-)Schuldner war. Da sich aus den Darlehensverträgen auch die Sicherheiten ergeben, kann durch Einsicht in die Darlehensverträge verhindert werden, dass große Vermögenswerte vom Notar nicht bemerkt werden. Dieser naheliegende Ermittlungsschritt zur Plausibilitätsprüfung der Angaben des Auskunftspflichtigen darf im Regelfall nicht ausgelassen werden.
Hinsichtlich der aufgeführten Lebensversicherungen reicht die Übersendung einzelner Kopien nicht aus. Der Notar ist verpflichtet, selbst bei den in Frage kommenden Versicherern nach Verträgen zum Todeszeitpunkt nachzufragen und sich durch Einsichtnahme in die vollständigen Versicherungsscheine ein wirkliches Bild sowohl über die in den Nachlass fallenden Versicherungsleistungen zu verschaffen, als auch über die Schenkungsanteile durch Einräumung von Bezugsberechtigungen. Entsprechende Belege sind nach dem Vollstreckungstitel beizufügen, soweit sie Versicherungen der Erblasserin betreffen, ob als Versicherungsnehmerin oder als mitversicherte Person.
[…]
Wen ein Verschulden daran trifft, dass es bislang nicht zur Vorlage eines ausreichenden notariellen Nachlassverzeichnisses gekommen ist, ist ohne Belang. Ein Verschulden des Schuldners ist keine Voraussetzung für die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO (OLG Köln, VersR 1997, 723). Das Zwangsgeld kann auch nicht vollstreckt werden, wenn der Schuldner seine Verpflichtung erfüllt hat.“