Quellen des Erbrechts: Historische Entwicklung und Entstehungsgeschichte des BGB

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 8. Januar 2025 von Tobias Goldkamp

Das deutsche Erbrecht ist das Ergebnis einer jahrtausendelangen Entwicklung und spiegelt Einflüsse aus verschiedenen Rechtskulturen wider. Gleichzeitig hat die Entstehungsgeschichte des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) als moderne Grundlage des Erbrechts eine entscheidende Rolle gespielt.

Fachliteratur zu Quellen des deutschen Erbrechts

Historische Wurzeln des Erbrechts

  1. Germanisches Recht
    Das germanische Erbrecht war stark familienbezogen und basierte auf gesetzlicher Erbfolge. Nach Tacitus war das Testament unbekannt, und nur männliche Nachkommen wurden erbberechtigt.
  2. Römisches Recht
    Im römischen Erbrecht spielte das Testament eine zentrale Rolle. Die Zwölftafelgesetze (450 v. Chr.) etablierten die testamentarische Erbfolge. Nur bei deren Fehlen trat die gesetzliche Erbfolge ein. Das „Corpus Iuris Civilis“ von Kaiser Justinian I. (534 n. Chr.) wurde zur bedeutendsten Quelle des europäischen Erbrechts und beeinflusst das BGB bis heute.
  3. Mittelalterliche Rechtsbücher
    Werke wie der Sachsenspiegel und der Schwabenspiegel im Hochmittelalter brachten lokale Regelungen in Schriftform. Sie vermittelten zwischen römischem, kirchlichem und germanischem Recht und schufen eine Grundlage für später kodifiziertes Erbrecht.

Entstehung des Erbrechts im BGB

Die Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuchs 1896 war ein Meilenstein. Das Erbrecht im fünften Buch des BGB knüpft an diese historischen Traditionen an und kodifiziert ein modernes Regelwerk. Doch wie sind die heutigen Normen entstanden?

  1. Die Materialien zum BGB
    Die „Motive“ und „Protokolle“ der BGB-Kommissionen sind wichtige Quellen für die Entstehungsgeschichte des Erbrechts. Allerdings weisen sie laut Karlheinz Muscheler (ErbR 2023, 905) methodische Mängel auf:
    • Die „Motive“ sind Zusammenstellungen von Hilfsarbeitern, oft unvollständig und aus dem Zusammenhang gerissen.
    • Die „Protokolle“ der zweiten Kommission enthalten stilistische Änderungen und verschweigen die Antragsteller.
    • Der sogenannte „Mugdan“ bringt zwar beide Werke zusammen, verfälscht aber durch eine unsystematische Anordnung oft den Kontext.
  2. Neue Quelleneditionen
    Seit einigen Jahren stehen mit den von Werner Schubert herausgegebenen „Vorentwürfen“ und „Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs“ präzisere Materialien zur Verfügung. Diese enthalten die Originaldiskussionen und die Vorschläge der Redakteure, die das heutige Erbrecht maßgeblich geprägt haben.
  3. Das Erbrecht im BGB
    Normen wie die Universalsukzession (§ 1922 BGB) oder das Erbrecht ungeborener Kinder (§ 1923 BGB) zeigen römische Einflüsse. Gleichzeitig bewahrt das BGB germanische Traditionen wie die klare Abgrenzung zwischen gesetzlicher und testamentarischer Erbfolge.

Fazit

Das deutsche Erbrecht ist ein Produkt aus Tradition und Modernität. Die historischen Quellen und die Entstehungsgeschichte des BGB liefern wertvolle Einsichten in seine Entwicklung. Gleichzeitig verdeutlicht die kritische Auseinandersetzung mit den Materialien, wie wichtig es ist, ursprüngliche Intentionen bei der Interpretation moderner Normen zu berücksichtigen.

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Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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