Wer als Erbe seine Haftung beschränken will, sollte den Nachlass vom übrigen Vermögen getrennt halten

Tobias Goldkamp

Veröffentlicht am 16. August 2024 von Tobias Goldkamp

Themen: Erbauseinandersetzung, Erbfolge klären, Erbrechtliche Ansprüche

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in einem Beschluss vom 10. April 2024 (Az.: 1 BvR 1031/20) entschieden, dass die Verrechnung von Gutschriften auf einem im Soll befindlichen Konto des Erblassers auch nach der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zulässig ist, sofern der Erbe dem konkludent zugestimmt hat. Die Entscheidung verdeutlicht die Grenzen der Haftungsbeschränkung des Erben bei einem überschuldeten Nachlass.

Hintergrund des Falls

Der Beschwerdeführer war Alleinerbe seines im Jahr 2016 verstorbenen Vaters, der als Inhaber eines Handwerksbetriebs ein stark im Soll befindliches Girokonto führte. Nach dem Tod des Erblassers nutzte der Beschwerdeführer dieses Konto weiterhin für Zahlungseingänge aus seiner eigenen Geschäftstätigkeit. Diese Gutschriften wurden von der Bank zur Verringerung des negativen Kontostands des Erblassers verwendet.

Der Beschwerdeführer stellte daraufhin einen Antrag auf Nachlassinsolvenz und verlangte von der Bank die Auszahlung der auf dem Konto eingegangenen Beträge, da diese seinem eigenen Vermögen zuzurechnen seien. Die Bank lehnte dies ab, und die Gerichte gaben der Bank Recht. Der Beschwerdeführer erhob daraufhin Verfassungsbeschwerde und machte geltend, dass sein Grundrecht auf Eigentum verletzt sei.

Die Entscheidung des BVerfG

Das BVerfG wies die Verfassungsbeschwerde zurück und stellte fest, dass die Haftungsbeschränkungen des Erben, wie sie in § 1977 BGB vorgesehen sind, im vorliegenden Fall nicht verletzt wurden. Das Gericht argumentierte, dass der Erbe durch die weitere Nutzung des Kontos und das Veranlassen von Gutschriften auf dieses Konto konkludent einer Verrechnung zugestimmt habe. Die Bank durfte daher davon ausgehen, dass der Erbe die Verrechnung der Gutschriften mit dem negativen Kontostand akzeptierte.

Das BVerfG bestätigte, dass die gesetzlichen Regelungen zum Schutz des Erben vor einer finanziellen Überforderung ausreichend seien. Die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen, die Annahme der Erbschaft anzufechten oder die Haftung auf den Nachlass zu beschränken, bietet dem Erben hinreichenden Schutz. Die Verrechnung von Gutschriften auf einem im Soll befindlichen Konto des Erblassers stellt daher keine unzulässige Belastung des Erben dar, solange dieser dem zugestimmt hat oder durch sein Verhalten die Zustimmung konkludent erteilt hat.

Bedeutung der Entscheidung

Diese Entscheidung zeigt, dass Erben, die ein Konto des Erblassers nach dessen Tod weiter nutzen, sorgfältig abwägen müssen, welche rechtlichen Konsequenzen dies haben kann. Die konkludente Zustimmung zu einer Verrechnung kann zur Folge haben, dass der Erbe persönliche Mittel verliert, die ansonsten geschützt gewesen wären. Es ist daher von großer Bedeutung, den Nachlass vom übrigen Eigenvermögen getrennt zu halten, solange man sich als Erbe die Möglichkeit erhalten will, seine Haftung auf den Nachlassbestand zu beschränken.

Für Erben, die mit einem überschuldeten Nachlass konfrontiert sind, ist es wichtig, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um mögliche Haftungsrisiken zu minimieren und ihre Rechte zu sichern.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie in solchen Fällen und steht Ihnen mit umfassender Expertise zur Seite, um sicherzustellen, dass Sie Ihre Rechte als Erbe optimal wahrnehmen können.

Tobias Goldkamp

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131-718190

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